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13. März 2019, artktische Meereisausdehnung erreicht ihr Maximum

Veröffentlicht am von Gerald Tauber

Am 13. März erreichte die Eisbedeckung mit 14,78 Mio. km² auf dem arktischen Ozean ihren vorläufigen Höhepunkt im diesem Jahr. Damit markiert 2019 die siebent niedrigste Bedeckung mit Meereis seit 1979, also kein Rekord, aber immerhin noch rund 860.000 km² unter dem Mittelwert der Periode 1981-2010. Na gut das ist keine schöne Nachricht, was mir jedoch etwas Bauchschmerzen bereitet ist die Abnahme des Volumens dieser Eisdecke und des mehrjährigen Eises.

Anteile des mehrjährigen Meereises im September 2016 Quelle: NASA Scientific Visualisation Studios
Anteile des mehrjährigen Meereises im September 2016 Quelle: NASA Scientific Visualisation Studios

Dieser Tage hatte ich aus der Bibliothek Papnanins "Drift auf der Eisscholle" ausgeliehen und dieser berichtet von einer Eisdicke von ca. 6 Metern im Mai 1937 in der Nähe des Nordpols. Interessant fand ich auch Wrangels Expedition von 1820-24 die er im Buch "Eismeer und Tundra" beschreibt, immerhin beschreibt er ausgedehnte Flächen mit Meereis bedeckt an der Küste Sibiriens selbst in den Sommermonaten, heute ist die Küste zu dieser Jahreszeit komplett Eisfrei.

Das gleiche Bild bietet ja die südliche Halbkugel, während James Cook im Januar 1773 auf der Suche nach der Terra Australis nicht über den 71. südlichen Breitengrad und James Weddell im Februar 1823 nicht über den 74. südlichen Breitengrad hinaus kam, als massive Eisbarrieren ihnen die Weiterfahrt nach Süden verwehrten. Heutzutage fahren Kreuzfahrtschiffe im australischen Sommer mit Urlaubern an Bord bis auf Sichtweite der antarktischen Gletscher heran und so ändern sich die Zeiten.     

Wenn man bedenkt das die mittlere Eisdicke auf dem arktischen Ozean 2008 nur noch 1,89 Meter betrug erkennt man den drastischen Rückgang innerhalb weniger Jahrzehnte und das ist schon ziemlich erschreckend. Zwar kann man den erhöhten Temperaturen in der Atmosphäre eine Teilverantwortung zuschreiben, aber ich denke hauptsächlich dürfte wohl die Erwärmung der Ozeane selbst für diesen Schwund an Volumen verantwortlich sein. Das diese dann wiederum eine Folge der Erwärmung der Erdatmosphäre ist und das System Atmosphäre/Ozean und die Biosphäre auf den Kontinenten sein eigenes Arbeitsregime entwickelt und miteinander interagieren war mir prinzipiell bislang zwar klar, jedoch als Gesamtsystem hatte ich sie noch nicht im Blickwinkel. Naja man lernt immer noch hinzu.

Meereisdicke auf dem arktischen Ozean am 5. April 2019 Quelle: Polar Portal Dänemark
Meereisdicke auf dem arktischen Ozean am 5. April 2019 Quelle: Polar Portal Dänemark

Diese Woche las ich das zwischen 1994-2007 rund 34 Mrd. Tonnen CO2 von den Ozeanen absorbiert wurden, die aus Verbrennungsvorgängen aus techn. Anlagen stammen und das dies einer Vervierfachung der Aufnahme auf 2,6 Mrd. Tonnen/Jahr im Vergleich zu der Zeit vor dem Jahr 1750 bedeuten würde. Wenn man davon ausgeht das der CO2 Austausch zwischen Atmosphäre und den Ozeanen global gesehen bei ca. 90 Gt/Jahr liegen soll erklärt sich damit auch eine Erhöhung der Oberflächentemperatur der Ozeane, was wohl in der öffentlichen Diskussion über den Klimawandel etwas unterrepräsentiert ist. Studien belegen das bislang über die Aufnahme der Ozeane an Treibhausgasen ca. 90% der Erderwärmung in den Ozeanen gespeichert wurde. Rund 60% der Ozeanerwärmung wurden in den oberen 700 Metern gemessen, aber 30% gelangen in tiefere Meeresregionen unter 700 Metern. Der Grund ist relativ einfach, Wasser hat aufgrund seiner höheren Dichte eine vier mal höhere Wärmekapazität als die Luft der Atmosphäre. In 2018 sollen die Ozeane an ihrer Oberfläche gut 0,66°C wärmer gewesen sein, als im Durchschnitt des 20. Jahrhunderts. 

Oberflächentemperatur des arktischen Ozeans am 5. Aprl 2019 Quelle: Polar Portal Dänemark
Oberflächentemperatur des arktischen Ozeans am 5. Aprl 2019 Quelle: Polar Portal Dänemark

Klar ist aber auch das CO2 in den Ozeanen teilweise über die biologische Komponente endgelagert wird, während die physikalische Komponente eine Art Puffer darstellt. Wie ich gelesen habe gibt es da die sogenannte physikalische und die biologische CO2 Pumpe in unseren Ozeanen, wobei ich letztere als noch nicht wirklich erforscht ansehe. Im März las ich zum Beispiel einen Artikel über die verborgene Rolle des Krills  im Kohlendioxidzyklus, wobei eine quantitative Messung wie viel CO2 auf diese Art auf den Grund des Ozeans gespeichert wird schwierig sein dürfte. Ebenso interessant fand ich die verschiedenen Wechselwirkungen zwischen Meeresboden, in der Wassersäule lebenden Organismen und der Atmosphäre in den Schelfregionen rund um Großbritannien bei der Endlagerung von Treibhausgasen und das war mir persönlich noch nicht wirklich bewusst.

Oberflächentemperatur des arktischen Ozeans am 13.03.2019 Quelle: Polar Portal Dänemark
Oberflächentemperatur des arktischen Ozeans am 13.03.2019 Quelle: Polar Portal Dänemark

Aber ebenso spielen die Ökosysteme der Küstenregionen bei der Entnahme und Freisetzung von Treibhausgasen aus der und in die Atmosphäre eine Rolle. Im englischen nennt man dies Costal Blue Carbon, für diesen Begriff gibt es anscheinend im deutschen gar keine Übersetzung. Aber wie dem auch sei, diese Ökosysteme umfassen Mangrovenwälder, Salzmarsche und Seegraswiesen und durch die Eingriffe des Menschen bei der Umgestaltung der Küstenregionen verschwanden bereits geschätzt weltweit rund 65% aller Mangrovenwälder, 35% der Salzmarsche und rund 29% aller Seegraswiesen. Das heißt nichts weiter als das ein wichtiger Puffer im Klimasystem durch die menschlichen Aktivitäten systematisch reduziert wurde. Derzeitig werden pro Jahr rund eine Gt oder eine Milliarde Tonnen CO2 durch die Umgestaltung der Küstenregionen freigesetzt und landen letztendlich wieder im Ozean, tragen damit zu seiner Erwärmung und gleichzeitigen Versauerung bei. Das vom Wasser aufgenommene CO2 schwimmt bekanntlich nicht als Kohlendioxidmolekül durch die Weltmeere sondern reagiert mit dem H2O und wie man im Chemieunterricht gelernt hat entsteht dann zuerst Kohlensäure. Die Kohlensäure spaltet es sich weiter in ein Wasserstoffion H+ und in ein Hydrogenkarbonation HCO3- auf. Es geht bei diesem Vorgang also um Karbonate und je mehr Wasserstoffionen freigesetzt werden umso mehr Karbonate werden gebunden. Karbonate werden jedoch zur Bildung von Calziumkarbonat (CaCO3) benötigt, das die Grundlage der Bildung von Kalkskeletten von Korallen, verschiedenen Phytoplanktonarten oder von Seeigeln nun wiederum bildet. Interessant ist dabei das der ph-Wert des Meerwassers durch diese chemische Reaktionskette sinkt und wie ich bei AWI gelesen habe soll dieser bereits von 8,2 auf 8,1 gesunken sein. Das ist dann also die Versauerung der Ozeane, schlecht z. Beispiel für Foraminiferen, deren Schale aus Calziumverbindungen aufgebaut ist. Wie man auch aus dem Schulunterricht weis lösen sich Calziumkarbonatverbindungen in einer saureren Umgebung auf oder sie werden erst gar nicht gebildet. Neben der Erwärmung besteht darin wohl die Hauptgefahr der Versauerung der Ozeane das Nahrungsketten zusammenbrechen können.   

Mit der Erwärmung und Versauerung der Ozeane entsteht ein drittes Problem: die Abnahme der Sauerstoffkonzentration in der Ozeanen, seit der Mitte des 20. Jahrhunderts ging diese um ca. 1-2% bereits zurück. Totwasserzonen oder nennen wir sie sauerstoffarme Regionen, im englischen Oxygen Minimum Zones (OMZ) genannt, in den Ozeanen expandierten in den letzten 50 Jahren um die Fläche die der Europäischen Union entspricht oder um 4,5 Mio. km².          

Warmwasserverteilung in der Diskobucht vor Grönland im Jahr 2017 Quelle: NASA Scientific Visualisation Studios
Warmwasserverteilung in der Diskobucht vor Grönland im Jahr 2017 Quelle: NASA Scientific Visualisation Studios

Zwar gibt es verschiedene Bakteriengruppen, wie die SAR11, die mit den OMZ`s klarkommen und statt Sauerstoff dann Stickstoffverbindungen wie Nitrat und Nitrit umwandeln in elementaren Stickstoff und Stickstoffoxid. Durch diese Umstellung vom Sauerstoff- zum Stickstoffverbraucher werden die OMZ`s noch unwirklichere Lebensräume, da nun wiederum Nährstoffe fehlen, und Stickstoffoxid kann dann auch wieder in die Atmosphäre freigesetzt werden, was nun wiederum zu einem gewissen Grade ein Rückkopplungseffekt für den atmosphärischen Klimawandel darstellt. Diese Stoffwechselkreisläufe zu verstehen ist denke ich wichtig für das Verständnis des Klimawandels in der Atmosphäre und der des Ozeans. Das dieses Verständnis wichtig für den Erhalt der Biodiversität in den Weltmeeren ist dann wohl auch selbstredend. Lebewesen entwickeln dabei oftmals recht interessante Überlebensstrategien, so kommen zum Beispiel Steinkorallen der Gattung Porides besser mit erhöhten Kohlensäure-Konzentrationen im Meerwasser klar, da sie ihren internen pH-Wert selber regulieren und so weiter wachsen können. Ebenso war ich recht erstaunt das der Artenrückgang an tropischen Korallenriffen die Riffe widerstandsfähiger macht gegenüber der Einwirkung von Kategorie V Hurrikanen wie Maria und Irma im Jahre 2017 in der Karibik. Erstaunlich, erstaunlich wie ich zumindest finde.

Warmwasserverteilung in der Diskobucht vor Grönland im Jahr 1979 Quelle: NASA Scientific Visualisation Studios
Warmwasserverteilung in der Diskobucht vor Grönland im Jahr 1979 Quelle: NASA Scientific Visualisation Studios

Na gut, es geht bei der Betrachtung des anthropogenen Klimawandels also um die Darstellung des Arbeitstaktes im Gesamtsystem Atmosphäre/Ozean und der Biosphäre, wobei sich hier spätestens ein interdisziplinäres Forschungsthema auftut. Dabei ist es schon relativ interessant sich in diese Geschichte einzulesen, immerhin tauen die arktischen Permafrostböden auf und durch die höheren Temperaturen blüht die Arktis auf. Das nun wiederum ist schlecht für Rentiere und Caribous, deren Anzahl soll sich von 4,7 Mio. auf 2,1 Mio. Exemplare innerhalb von zwei Jahrzehnten reduziert haben.  

Genauso wie sich die Wüsten der Erde ausdehnen, ein anderes Phänomen das an den Klimawandel anscheinend gekoppelt ist. Die Sahara soll sich in den letzten 100 Jahren um 10% ausgedehnt haben und diese Aussage hat schon was. Immerhin geht diese Ausdehnung der Wüstenfläche auf die Veränderung der ozeanischen Strömungen zurück, die nun ihrerseits die Niederschlagsmengen des Westafrikanischen Monsuns steuern. Wärmere Ozeane sind die Grundlage für intensivere Stürme, das diese auch Auswirkungen auf ganze Ökosysteme an Land haben zeigen Untersuchungen auf Puerto Rico nach dem Hurrikan Maria. Oder nimmt man den Zyklon Idai des März 2019 und seine Auswirkungen auf die südostafrikanische Region. Idais Zugbahn und sein Verhalten erinnerten mich irgendwie an den Hurrikan Harvey des Jahres 2017. Beide tropischen Wirbelstürme machten einen Landgang, verharrten und drehten dann wieder ab auf den Ozean um dann seinen finalen Landgang zu machen. Aus diesem Verhalten eine Schleife über Land zu drehen resultieren letztendlich die extremen Niederschlagsmengen die beide Wirbelstürme über dem Land niedergehen ließen. Dieses Verhalten ist zwar prinzipiell nichts neues und hat auch nichts mit dem Klimawandel zu tun, aber wärmere Ozeane bedeuten auch eine höhere Luftfeuchtigkeit in der Atmosphäre die zu potenziellen Niederschlag kondensieren kann. Nimmt man das Beispiel Südostafrika, so gab es mit Syper-Zyklon Enawo und dem Zyklon Dineo im Jahr 2017 stärkere Wirbelstürme als Idai in diesem Jahr. Das besondere an Idai war seine Verweildauer von ca. 14 Tage über der Region und Idai traf die Region während einer mehrmonatigen Trockenperiode und in letzteren Faktor besteht dann auch der eigentliche Link zum Klimawandel. Es sind letztendlich immer mehrere Faktoren die bestimmen wie und warum sich Katastrophen ereignen, denn ein tropischer Wirbelsturm ist ein selbst relativ gesehen normales Wetterphänomen, wenn auch ein recht destruktives. Aber ein interessantes Thema ist es schon, vor allem wenn man bedenkt wie komplex doch unser System Erde doch ist. 

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