20. Juli 1944, das Hitler-Attentat und ein Fall von moderner Mythenbildung?
Der Fall ist eigentlich hinlänglich bekannt, am 20. Juli 1944 Explodierte im Führerhauptquartier, der Wolfsschanze, eine Bombe die den Führer des Großdeutschen Reiches Adolf Hitler beseitigen sollte. Nun gut das Attentat misslang und die Attentäter wurden hingerichtet, was ich mich schon immer fragte was war deren Motivation zu dieser Tat? Diese Frage hat schon einigen historischen Sprengstoff in sich, denn die Attentäter werden heutzutage als Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialistische Diktatur unter Adolf Hitler bezeichnet, gar als militärischer Widerstand innerhalb der Wehrmacht und was ich besonders scharf finde als Vorbilder für heutige Generationen gefeiert.
Nur mal zwei Aussagen die heute zum 75. Jahrestages des gescheiterten Attentates über die Truppe um Claus Graf Schenk von Stauffenberg von den Offiziellen dieser Republik getroffen wurden:
Sie mahnen uns, wachsam zu sein. Sie mahnen uns, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus in all ihren Erscheinungsformen entschieden entgegenzutreten.
Wir erleben auch heute, dass unsere Demokratie verächtlich gemacht wird
Von wem reden wir denn hier eigentlich? Nicht etwa von Militärs die in der Konsolidierungsphase des nationalsozialistischen Regimes in der Wehrmacht Karriere gemacht haben? Also beim Ausbau und der Bewaffnung der Wehrmacht hin zu einer Angriffsarmee tatkräftige Hilfestellung leisteten. Wo waren deren Proteste und Aktionen gegen die Nürnberger Rassegesetze 1935 oder gegen die Pogrome gegen die Juden im Machtbereich der Nationalsozialisten am 9. November 1938, gegen die Unterdrückung der politischen und gesellschaftlichen Opposition im dritten Reich ab 1933? Waren die Herrn nicht irgendwie als Angehörige der Wehrmacht an den Angriffskriegen gegen Polen 1939, Frankreich, Norwegen, Dänemark 1940 oder dem Balkankrieg und dem Vernichtungsfeldzug gegen die Sowjetunion 1941 unmittelbar beteiligt gewesen? Was war das für ein militärischer Widerstand von dem immer die Rede ist? Ja das sind die kleinen aber feinen Fragen mit denen ich mich so beschäftige bei diesem Thema. Das Problem mit den Männern des 20. Juli ist eigentlich eines: es sind keine Vorbilder für Rekruten der Bundeswehr und schon gar keine Vorbilder in einer demokratischen Grundordnung.
Ja man hört und staunt nicht schlecht, die Gruppe um Stauffenberg bestand aus Rassisten, Antisemiten, Antikommunisten und Militaristen. Nimmt man zum Beispiel Graf von Helldorf, der 1933 Polizeipräsident von Potsdam und später von Berlin war und damit auch an der Konsolidierung der nationalsozialistischen Repressions- und Rassepolitik beteiligt war. Ein anderes Beispiel ist Artur Nebe, dieser befehligte ein Sondereinsatzkommando im Rücken der Ostfront, dem mindestens 40.000 Menschen zum Opfer fielen. Selbst ein Claus Graf Schenk von Stauffenberg hatte wohl mit der nationalsozialistischen Rassen- und Kriegspolitik kein Problem oder ein Henning von Tresckow war begeistert vom Kreuzzug gegen den Bolschewismus, wohlgemerkt aus ideologischen Gründen. Es ist lediglich von einigen wenigen der Verschwörer des 20. Juli bekannt das sie auch von den Methoden die von der Wehrmacht, den Sondereinsatzkommandos und der SS bei diesem Vernichtungskrieg angewandt wurden entsetzt waren, dazu gehören der Hygienefachmann der SS Kurt Gerstein und der Wehrmachtsoffizier Axel von dem Busche. Aber ansonsten, naja still ruht der See, teilweise wie von Tresckow war direkt an der Durchführung von Vergeltungsmaßnahmen infolge von Partisanenattacken im Rücken der Ostfront beteiligt und das hieß für die betroffenen Ortschaften, sie wurden ausgelöscht. War das der militärische Widerstand gegen das NS-Regime?
Man muss sich auch wundern welche Meriten zum Beispiel ein Generalfeldmarschall Erwin Rommel heut zu Tage zugestanden werden. Dieser wird heute zum Dunstkreis um die Männer des 20. Juli gezählt, nur was waren denn seine Verdienste? Naja da fangen dann die Probleme mit der Deutung an, denn es stehen nur wenige Quellen zur Verfügung. Aber alle diese sagen eines aus, Rommel hatte zwar Kenntnis vom Willen der Verschwörer einen Anschlag gegen Adolf Hitler durch zu führen und das war es dann aber auch schon und Generalfeldmarschall ist er unter dem Hitler-Regime geworden.
Also um mal eines klar zu sagen, all diese Charaktere die am Anschlag gegen Adolf Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt waren, waren bestimmt keine Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime und militärischen Widerstand gegen das NS-Regime leisteten sie auch nicht. Josef Bros Tito und seine Partisanen in Jugoslawien, die Partisanen in der Sowjetunion, die La Resistanza in Italien, Griechenland, Polen, Slowakei und die Resistance in Frankreich leisteten dem NS-Regime militärischen, das heißt bewaffneten Widerstand. Zivilen Widerstand gegen die NS-Diktatur leisteten die Schulze-Boysen/Harnack-Gruppe, die weiße Rose um die Scholl-Geschwister, die Rote Hilfe, die roten Bergsteiger, Pfarrer Niemöller oder die Transportkolonne Otto, um nur ein paar wenige zu nennen. Also man erkennt schnell die Begriffe militärischer und ziviler Widerstand sind handlungsbezogene Begriffe, denn daraus ergibt sich auch der militärische Widerstand der Gruppe um Stauffenberg ist ein Mythos.
Nein es ist eher das Gegenteil der Fall, all diese am Attentat gegen Adolf Hitler beteiligten Personen waren entweder überzeugte Nationalsozialisten oder tolerierten das NS-Regime und dessen Ziele. Worauf sie sich verständigten war lediglich die Beseitigung der Person Adolf Hitler und seines näheren Umfeldes, aber die Beseitigung des gesamten NS-Regimes auf das sich Hitler, Goebbels, Göring oder Himmler stützten? Das heißt nämlich den gesamten Verwaltungs- und Repressionsapparat der NS-Diktatur entweder aufzulösen oder neu zu besetzen, wie die Waffen-SS, Reichssicherungshauptamt, die SA, die Justiz, Polizei oder die Konzentrationslager. Über die Ziele der am Attentat gegen Hitler Beteiligten schweigen die Quellen sich aus, sicher ist nur eines Adolf Hitler sollte beseitigt werden und dann? Ja da schweigen sich die Quellen nun auch wieder aus, denn es gibt keine gesicherten Erkenntnisse darüber und dafür sehr viele Mutmaßungen. Die Frage nach den Zielen der Attentäter wirft nämlich eine recht bedeutsame Frage auf, was war die Motivation derer die am Attentat gegen Hitler beteiligt waren zu dieser Tat?
Da tun sich dann regelrechte Abgründe auf, denn über die Motivation zum Attentat auf Hitler gibt es eine recht einhellige Meinung und diese sind durchaus belegbar. Es ist nicht die Rassenpolitik der Nazis, nicht der Holocaust der Juden oder die Strategie der Ausplünderung Polens, der Ukraine oder Weißrusslands oder die Zwangsarbeiterstrategie der NS-Führung und auch nicht die Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen durch die deutsche Wehrmacht.
Nein es ist die Desillusionierung über die Person des Führers als größtes Feldherrengenie aller Zeiten, dessen gefühlter militärischer Dilettantismus verantwortlich gemacht wurde für den inzwischen katastrophal verlaufenden Krieg gegen die Sowjetunion, der für alle deutlich sichtbar in einem Desaster für Nazi-Deutschland enden musste, und die erfolgreiche Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944, die für alle erkennbar der letzte Sargnagel für die Herrschaft des NS-Regimes unter Hitler über Europa darstellte. War das die Motivation für die Männer des 20. Juli 1944 für das Attentat? Wollten sie lediglich eine totale Niederlage die auf Nazi-Deutschlands ab dem Sommer 1944 zurollte noch abwenden?
Wir reden hier von Militärs die im Geiste des preussischen Militarismus und dessen Geschichtsbild erzogen und ausgebildet wurden, das heißt zugleich sie sahen sich selber als deutsche Patrioten. Man kann den Kerngedanken der hinter dieser mentalen Grundüberzeugung eigentlich steht wie folgt zusammenfassen:
Der Stolz jedes Deutschen ist die Armee, die Blüthe des Volkes. Deutschlands Heer – Deutschlands Ehr! Der ausgezeichnetste Theil aber, die Elite des Heeres, ist das Offizierkorps.
Zugleich standen sie von 1933 an loyal zum NS-Regime, unter dessen Ägide sie allesamt Karriere machten und entsteht da ein Zwiespalt? Das ist eine Frage der Abwägung, einerseits sahen die Offiziere der deutschen Wehrmacht im NS-Regime einen Verbündeten, der dem Heer die Stellung innerhalb der Gesellschaft wiederherstellte die sie im wilhelminischen Kaiserreich innehatte, solange das Regime erfolgreich agierte erhielt es auch deren Unterstützung. Das änderte sich auch nicht mit dem Krieg gegen Polen 1939 oder Frankreich 1940, auch nicht mit dem Krieg gegen die Sowjetunion 1941. Ohne die Unterstützung des Offizierskorps der Wehrmacht wären all diese Kriege auch gar nicht möglich gewesen, denn sie setzten die Weisungen und Befehle des Oberkommandos dann letztendlich um. Das der Krieg gegen die Sowjetunion mit furiosen Siegen mit der Operation Barbarossa begann, kann eigentlich nicht darüber hinwegtäuschen das dieser Krieg einen ganz andren Charakter hatte als der Balkan-, Polen- oder der Westfeldzug. In den ersten sechs Monaten des Feldzugs verlor die Wehrmacht auf dem Territorium der Sowjetunion rund 850.000 Mann an Toten, Verletzten und vermissten Soldaten. Das heißt im Monatsdurchschnitt verlor die Wehrmacht 1941 rund 137.000 Mann an der Ostfront, das heißt den kompletten Mannschaftsbestand einer Armee und das heißt innerhalb von vier Monaten wurde ein gesamter Jahrgang an wehrfähigen Männern an der Ostfront verheizt. Opponierte Stauffenberg, Treskow und wie sie alle hießen gegen diese horrenden Verluste? Nein das taten sie nicht, sie führten weiterhin die Befehle die sie vom "größten Feldherrngenie aller Zeiten" bekamen, dem sie hinter vorgehaltener Hand militärischen Dilettantismus vorwarfen, weiterhin brav und ergeben aus, denn bis zum Sommer 1944 verlor die Wehrmacht allein auf diesen Kriegsschauplatz über 4 Mio. Mann.
Lassen wir mal die Ereigniskette die zum Attentat auf Hitler führte auf uns einwirken, die beginnt mit der Niederlage vor Moskau im Dezember 1941 und dem Kriegseintritt der USA im Dezember 1941. Zur Jahreswende 1942/43 folgt die Niederlage von Stalingrad und im April/Mai 1943 erfolgt die Kapitulation des Nordafrikakorps. Die Schlacht von Kursk geht im Juli 1943 verloren, gleichzeitig landen die Alliierten auf Sizilien und der Verbündete Italien scheidet im September 1943 endgültig aus dem Krieg aus. Die Sowjets verschieben die Frontlinie zur Jahreswende 1943/44 kontinuierlich immer weiter nach Westen. Dann am 6. Juni 1944 erfolgt die Operation Overlord, also die Landung der Westalliierten in Frankreich und am 22. Juni 1944 startet die sowjetische Großoffensive Bagration, die mit der Zerschlagung der Heeresgruppe Mitte ihren Höhepunkt just im Juli/August 1944 erreicht. Nun was war denn die Motivation die zum Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 führte? Die Ereigniskette legt dieses sehr Nahe, Stauffenberg & Co versuchten lediglich zu retten was noch zu retten war, die totale militärische Niederlage Nazi-Deutschlands war für jeden der einigermaßen bei Verstand war zum Greifen nahe.
Sollte man die Männer die lediglich zu retten versuchten was noch zu retten war ehren? Ich für meinen teil würde sagen Nein!!!. Vorbilder für Rekruten der Bundeswehr? Nein, diese verteidigten nicht die Freiheit Deutschlands, diese verteidigten höchstens ein politisches Repressionsregime in Deutschland. Es sind keine Vorbilder für Demokraten, denn mit Demokratie, Rechtsstaat oder gar Menschen- oder Bürgerrechten hatten die Herrn um Stauffenberg genauso viel zu tun wie Josef Stalin, Idi Amin oder Mao. Man kann es drehen und wenden wie man will, wie will man mit solchen Vorbildern dem Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus in all ihren Erscheinungsformen entschieden entgegentreten? Man muss sich schon wundern welche Blütenträume hier entstehen, nur damit die Bundeswehr ein reingewaschenes politisch korrektes geschichtliches Vorbild hat? Dabei hat die Bundeswehr sowieso ein Problem mit ihrer sogenannten militärischen Traditionspflege, Luftwaffengeschwader mit den Namen Richthofen, Bölcke oder Immelmann, Kasernen die Namen tragen wie Graf Goltz, Mölders, Weise oder Generalfeldmarschall Erwin Rommel. Das schwarze Balkenkreuz als Hoheitsabzeichen der Bundeswehr, wurde mit diesem nicht Tot und Vernichtung einstmals über Europa ausgetragen? Also ehrlich gesagt das militärische Traditionsbewusstsein der Bundeswehr rührt ganz tief im monarchistisch angehauchten braunen Sumpf. Wie will man mit einem solchen Traditionsbewusstsein dem Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus in all ihren Erscheinungsformen entgegentreten? Dahinter würde ich doch ein großes Fragezeichen stellen.
Merkel: Widerstandskämpfer sind Vorbilder | DW | 20.07.2019
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