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Rassismuskritik?

Veröffentlicht am von Gerald Tauber

Vorsicht Rassismus, digitales Blackfacing Quelle: Mantong Gu/AppAdvise
Vorsicht Rassismus, digitales Blackfacing Quelle: Mantong Gu/AppAdvise

Heute las ich auf der Webseite des Deutschlandfunkes den Artikel: Digital Blackfacing und da kam ich dann aus staunen nicht mehr heraus. Laut diesem Artikel ist das verwenden sogenannter Reaktions-GIF`s mit der Darstellung schwarzer bzw. farbiger Personen zumeist afro-amerikanischen Ursprungs oder die Verwendung schwarzer Emoji´s durch nicht schwarze Personen in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram ect. eine Form des Rassismus gegenüber der People of Colour Community, zumeist afro-amerikanischer Herkunft. Das ganze soll sich dann digitales Blackfacing nennen, das Corpus Delicti der kulturellen Aneignung und des Rassismus gegenüber Afro-Amerikanern, zumindest wenn man der New Yorker Professorin Renee Blake folgen will.

Das eigentlich interessante an diesem Artikel ist das er tatsächlich rassistische Vorurteile enthält befördert in der Argumentation der Professorin. Es gibt nämlich auch eine Form des Rassismus die ich als Black Supremacy kennengelernt habe und diese Haltung vertritt die Professorin nahezu perfekt. Man kann das eigentlich an folgendem Ausspruch Dingfest machen: 

„Man wählt das aus, was sich verkaufen lässt. Wir wissen ja, schwarze Kultur ist eine Ware. Es ist einer der größten kulturellen Exportschlager der USA. Und du wählst aus, was DICH am besten verkaufen kann. Also kommerzialisierst du Aspekte von schwarzer Kultur, von schwarzen Menschen: Ich nehme das und das und das und den schmerzvollen Teil brauche ich nicht, den behaltet mal schön. Ich nehme nur das, was sich verkaufen lässt.“

Renee Black im DLF

Die Professorin redet dabei in Phrasen, denn das schwarze Kultur eine Ware ist, so eine Phrase darstellt. Unklar ist dabei was sie mit schwarzer Kultur eigentlich meint? Ist es der Beitrag der Afro-Amerikanischen Bevölkerung in den USA zu der Gesamtheit geistiger menschlicher Schaffenskraft wenn man so will der Kultur in den USA? Geht es hier um ein immaterielles Kulturerbe, im englischen intangible cultural Heritage kurz ICH genannt, der afro-amerikanischen Bevölkerung der USA? Die Ausführungen in diesem Teil des DLF-Artikel geben darüber leider keine Auskunft.  

Auf der anderen Seite, es ist ja auch ganz richtig das afro-amerikanische Künstler weltweit recht erfolgreich ihre kommerzielle Musik gegen Cash vertreiben lassen, man denke an den seligen Michael Jackson oder Stevie Wonder, die Soul-Musiker, die Gangster Rapper, der Blues, der Jazz alles gegen Cash erhältlich und bei Konzerten der Künstler bezahlt man eben Eintritt um sich die Ware unter dem Label black Music anzuhören. Ich glaube das ist auch im Sinne der Künstler und mir ist nicht bekannt das Michael Jackson nun verhungert wäre oder Stevie Wonder in der Bronx nun betteln müsste. Sicherlich werden oftmals auch politische Botschaften in den Texten transportiert, um bei den beiden genannten Künstlern zu bleiben im Earth Song oder dem Happy Birthday-Song, ja letzterer ist ein Geburtstagsgruß an Dr. Martin Luther King und eine Hommage an die amerikanische Bürgerrechtsbewegung, erklingt aber bei sehr vielen Kindergeburtstagen in Deutschland, sicherlich eine eher unbewusste Unterstützung. Aber das symbolisiert wohl am besten den amerikanischen Kulturexport, it is big Business und die Künstler profitieren davon, egal ob Schwarz, Latino oder Weiß. Ist das die einzige Reflektion schwarzer Kultur in den USA? Nun es liegt in der Natur des Kapitalismus das zeitgenössische kreative Kunst eine Ware ist, unabhängig von der Hautfarbe des Künstlers. 

Aber die Problematik warum man zum Rassisten wird wenn man Reaktions-Gif`s von Operah Winfrey versendet erschließt sich mir ehrlich gesagt nun immer noch nicht. Erstens nehme ich dann als Weißer noch lange keine schwarze Identität an und zweitens nehme ich damit auch keine Identität als Frau an, denn Operah Winfrey ist ja bekanntlich auch eine Frau. Das ist dann der Pferdefuß an solchen Identitätsdiskussionen, denn ein Mensch, unabhängig von der Hautfarbe, entwickelt sehr viele Identitäten im Laufe seines Lebens. Identitäten sind vielschichtig, anders als bei Naturgesetzen verändern sich die Identitäten eines Menschen fortlaufend. Als Kind hatte ich eine andere Identität als die ich als Jugendlicher hatte, woran liegt das wohl? Weil sich die Bezugsgrößen in meinem Leben ebenso verändert haben und das geht jedem so. Jemanden hingegen in seiner Identität auf ein äußeres Merkmal zu reduzieren das nennt sich dann Rassismus und das macht Renee Blake, sie reduziert die afro-american Community auf ihre Hautfarbe als Alleinstellungsmerkmal als Opfer weißer Diskriminierung. 

Das unterscheidet sich auch deutlich von dem Spruch "Black is Beautiful" den junge afro-Amerikaner in den 1960-70er prägten oder von "Say it loud, iam Black and iam proud" der späten 1960er Jahre. Das sind und waren Identitätsstiftende Aussagen, sie dienen der Eigendarstellung und werden auch von außen nicht auf einen Aufgepfropft. Man kann sie verwenden oder auch nicht. Michael Jackson zum Beispiel zerbrach an seiner eigenen Identitätsfindung als Afro-Amerikaner, deshalb wurde er immer weißer, mit bekannten körperlichen und psychischen Nebenwirkungen. Ein ähnliches Problem haben Millionen Südasiatinnen und Südost-Asiatinnen die ihre Haut mit chemischen Bleichungsmitteln behandeln oder die Sonne meiden wie die Pest um einem bestimmten Schönheitsideal zu entsprechen, denn eine helle Haut suggeriert dort Anmut, Wohlstand und Weiblichkeit. Man muss sich nur mal die Schauspielerinnen Cris Horwang aus Thailand oder Erich Gonzales aus den Philippinen ansehen, um nur zwei zu nennen und dabei handelt es sich nicht um racial discrimination.

Was mich auch stört das die Professorin einen Zirkelschluss von den Reaktions-Gif`s mit schwarzen Akteuren zu den Minstrels-Shows des 19. Jahrhunderts zieht, in denen ein gewisser Akteur Namens Jim Crow zumeist eine Hauptrolle innehatte. In diesem Shows wurden Afro-Amerikaner zumeist als recht tumbe Gestalten von weißen Darstellern mit schwarz angemalten Gesichtern gespielt. In den Minstrels-Shows wurden rassische Vorurteile gegenüber Afro-Amerikanern bedient, soviel ist klar. Dieses Blackfacing weißer Darsteller findet sich bis in die 1950er Jahre des 20. Jahrhunderts auch in den damals entstandenen Werken der Hollywood Film-Industrie. Das dieses Klischee des tumben Negers nicht immer bedient wird zeigt zum Bespiel der erste echte Ton-Film der Filmgeschichte: The Jazz Singer von 1927, der Figur der Mammy Two Shoes in den Tom und Jerry Cartoons oder der Figur des Duffy Ducks in den Bugs Bunny Cartoons. Wobei man bei den Cartoons eines anmerken muss, alle dort gezeigten menschlichen Charakter werden mit Klischees überzeichnet dargestellt, auch die Tiere bilden hier keine Ausnahme, die hatten allesamt menschliche Attribute. Ohne Blackfacing kam zum Beispiel die Tarzan-Reihe mit Johnny Weismuller aus, das obwohl die Film-Reihe eher mit rassistischen Klischees gegenüber native Africans hausieren ging. Diese mussten immer vom weißen Mann beschützt und angeleitet werden um im afrikanischen Dschungel zu überleben, tja die Überlegenheit des weißen Mannes war da nicht mehr zu bestreiten oder? Deswegen gelingt der Zirkelschluss von Renee Blake von den Reaktions-Gif`s zum Blackfacing der Darsteller in Minstrels-Shows des 19. Jahrhunderts nicht wirklich überzeugend, denn mit Reaktions-Gif`s und Emoji`s transportiere ich lediglich emotionale Stimmungen und keine personalisierten Identitäten.  

Propaganda pamphlet zum Chinese Exclusion Act 1882 Quelle: Akiya Fubuki/YouTube
Propaganda pamphlet zum Chinese Exclusion Act 1882 Quelle: Akiya Fubuki/YouTube

Wenn ich dieser Logik folge wäre die Verwendung von gelben Emoji`s und Reaktions-Gif´s mit Ostasiatischen Darstellern, speziell Chinesen und Japanern, eine Form des Rassismus gegenüber Ostasiaten. Diese galten vor knapp 120 Jahren auch als die gelbe Gefahr und wurden ebenso marginalisiert. In den USA wurde der Chinese Exclusion Act im Jahre 1882 verabschiedet, der die Zuwanderung von Chinesen für die Dauer von 10 Jahren suspendierte, weil man meinte Chinesen überfluten das Land und eben die gelbe Gefahr darstellten. Dieses Bundesgesetz galt bis 1913 und wurde erst 1987 aus den Bundesgesetzen gelöscht. Das gleiche Bild zeichnete sich ein paar Jahrzehnte zuvor ab als Katholiken aus Italien, Irland und Deutschland in den 1840-50er Jahren in die USA einwanderten und in den USA die Native American Party als Reaktion darauf 1844 von einigen White Anglo Saxionian Protestants gegründet wurde und auch recht erfolgreich politisch agierte. Auch diese Gruppe der katholischen Einwanderer wurde einstmals marginalisiert, diskriminiert und teilweise kriminalisiert. Nun könnte man vor diesem geschichtlichen Hintergrund die Vermutung anstellen das heutzutage das Verwenden von weißen Emoji`s und Reaktions-Gif`s mit Katholiken als Darsteller ebenso einen Rassismus darstellen, wenn der Nutzer Protestant, Schwarz oder Chinese ist. Das zeigt das diese Rassismusdebatte recht seltsame Wege geht und es kommt einem so vor, das der eigene Rassismus primär gegen einen anderen gesetzt wird und überdeckt dabei die eigentliche Fragestellung, wie kann man kulturell erlernte Rassismen langfristig in einer Gesellschaft eliminieren? Diese Frage stellt sich die Professorin anscheinend nicht.             

Das diese Vermutung nicht allzu weit hergeholt ist zeigen die Äußerungen der Professorin zur Sprache und Sprachkompetenz. In diesem Punkt zeigt sich das die Professorin die gleiche Argumentationsschiene bedient wie einstmals die Ideologie der recht einflussreichen Nation of Islam der 1960/70er Jahre. Diese vertraten damals die Ansicht das die Afroamerikaner in den USA eine eigene Nation mit eigener Sprache sind und den Weißen US-Bürgern aufgrund ihrer afrikanischen Herkunft überlegen sind, darunter verstanden sie primär die sogenannte wilde ursprüngliche Natur des Afroamerikaners gegenüber der zivilisierten angepassten Lebensweise der Weißen. Hinzu kam das diese Organisation ein exclusiver Club der muslimischen Afroamerikaner darstellte der auf Exclusion der anderen Hautfarben und Religionen setzte. Ja ja lang ist das her, doch wie man sieht sind die Grundlagen des black supremacy Theorie in den Gehirnen selbst akademisch gebildeter Eliten immer noch vorhanden. Das besondere an einem Rassismus ist, das Gruppen entindividualisiert und mit archetypischen Klischees behaftet werden. So entstehen dann diese Gruppenbilder des tumben Negers, aber auch der des alten weißen Mannes, des Macht- und geldgeilen Juden, der mordbrennenden Horden aus den Steppen Eurasiens oder der gelben Gefahr. Diese mit Klischees behafteten Gruppenbilder werden dann überführt in eine Sichtweise auf diese Gruppen, in dem diese Gruppen zu monolithischen Blöcken mutieren und das Klischee nun in eine Charaktereigenschaft und möglichst in ein Alleinstellungsmerkmal des monolithischen Blockes umgedeutet wird. Rassismen sind ähnlich Wirksam wie Verschwörungs- und Identitätstheorien, sie bieten eine recht einfache Deutung zu komplexen Sachverhalten an und verfangen deshalb recht einfach in den Gehirnen mancher Zeitgenossen.  

Das zum Beispiel Identitätstheorien zumeist recht sinnfrei sind zeigte die Debatte um die Übersetzung von Amanda Gormans Gedichtband "The Hill we climb" entstand. Ich fand es recht interessant das es nun en vogue ist das weiße Übersetzer die Werke von Afroamerikanern oder besser gesagt marginalisierten dunkelhäutigen Menschen oder vielleicht doch People of Colour? Nun nicht mehr übersetzen sollten da sie sich nicht in deren Gefühlswelt hineinversetzen können, außerdem fehlt Weißen die Marginalisierungserfahrung, was wohl eine spezielle schwarze Perspektive sein soll. Zählen Sinti, Roma und Araber in Deutschland schon zur People of Colour Community? Ich dachte da bei mir, naja vielleicht sollten Weiße überhaupt aufhören die Werke schwarzer oder People of Colour Literaten/innen zu lesen, da Weißen Menschen diese spezielle schwarze Perspektive der Marginalisierung fehlt um sie überhaupt zu verstehen und wenn sie es lesen wäre es dann auch nicht eine Form der kulturellen Aneignung? Das bei einem Gedichtband der von einer Harvard-Studentin stammt, einem Gedicht das zur Amtseinführung eines amerikanischen Präsidenten Namens Joseph Biden geschrieben wurde, die marginalisierte und diskriminierte schwarzhäutige Poetin Amanda Gorman. Was für ein Bild sie vor dem Capitol am 20. Januar abgab, eingesperrt hinter Glasscheiben die Nachfahrin afrikanischer Sklaven, gekleidet in Tuchfetzen die sie anscheinend vom Roten Kreuz bekam, schmetterte sie stolz ihr Lobgedicht auf die Zukunft der gesamten amerikanischen Nation in die Menge. Brasilianer, Kubaner, Chilenen usw. sind da selbstverständlich ausgenommen, denn wenn US-Citizens "This is America" sagen, meinen sie ausschließlich die Vereinigten Staaten von Amerika und diskriminieren gleichzeitig des Rest des Doppelkontinentes als nicht erwähnenswert. Hat Joseph Biden überhaupt verstanden was ihm Amanda Gorman mit ihrem Gedicht sagen wollte? Wahrscheinlich nicht, denn wie jeder sehen konnte Joseph Biden ist ein alter weißer Mann. Um ganz ehrlich zu sein die offizielle deutsche Übersetzung des Gedichtbandes ist eine lyrische Katastrophe, wenn aus dem kraftvollen "The Hill we climb" nun das lapidare "Den Hügel hinauf" wird muss irgend etwas schief gegangen sein.      

Das ist ungefähr so, wenn ich JFK weltberühmten Satz "We choose to go to the Moon"  einfach in Reise zum Mond übersetzen würde oder "Vom Eise befreit sind Strom und Bäche" in "Der Schnee ist geschmolzen" umwandele. Ja Personalpronomen haben es in sich, denn diese Rassismusdebatten haben eines gemeinsam, sie führen zu einer Sprachlosigkeit im Umgang mit kulturell erlernten Rassismen und so verfehlen diese Debatten ihr Ziel. Es kommt zu keiner Kommunikation, sondern eher zu einem Aufeinanderprallen von Meinungen ohne einen Lerneffekt auf der einen oder anderen zu erzielen. Aus dem Wir wird dann ein Ich. Erkennbar wird das in diesem DLF-Artikel in dem die Professorin Renee Blake dem weißen USA mangelnde Sprachkompetenz in der Kommunikation mit dem schwarzen USA attestiert, da beide wohl eigene Sprachwelten haben. Was immer man davon halten mag, diese Form der Argumentation erinnert doch stark an die Rassetheorien des 18. Jahrhunderts, die im Zeitalter der Aufklärung recht populär waren.      

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