Overblog
Edit post Folge diesem Blog Administration + Create my blog

Der Koreakrieg und seine Mythen

Veröffentlicht am von Gerald Tauber

Die koreanische Halbinsel um 1860 Quelle: Wikipedia
Die koreanische Halbinsel um 1860 Quelle: Wikipedia

Es jährte sich am 27. Juli der 73. Jahrestag an dem der Koreakrieg zu Ende ging, mit dem Waffenstillstandsabkommen von Panmunjeon. Es existiert seit dem eine Demilitarisierte Zone und ein wohl eher eisiger Zustand zwischen Frieden und Krieg, aber dieser Krieg der offiziell vom 26. Juni 1950 bis zum 27. Juli 1953 andauerte produzierte ein paar interessante Mythen. Speziell die Vorgänge im Vorfeld des Krieges werden meines Erachtens in Deutschland nicht objektiv betrachtet, sondern sind Teil eines Erzählmythos der seine Wurzeln in den Tiefen des beginnenden Kalten Krieges um 1946 hat. Aber später mehr dazu, zuerst muss man sich die koreanische Teilung in Nord und Süd einmal genauer ansehen.

Mit dem Ende der japanischen Fremdherrschaft, die von 1910 bis 1945 andauerte, besetze die Sowjetunion den Nordteil bis zum 38ten Breitengrad und die USA, ab dem 8. September 1945, den Südteil. Die Wiedervereinigung der beiden Landesteile war wohl in Gesamtkorea ein Wunsch breiterer Bevölkerungsgruppierungen in Nord und Süd, aber dieser Wunsch stand konträr zu den Interessen die die beiden Großmächte Sowjetunion und Vereinigte Staaten von Amerika verfolgten. Es gab zwar eine Zusammenarbeit der beiden Großmächte in einer gemeinsamen Kommission, aber mit der Verschlechterung der Beziehungen der beiden Großmächte gingen auch die Handlungen die eine gemeinsame Zukunft Koreas ursprünglich zum Ziel hatten in eine Teilung der Koreanischen Halbinsel in Nord und Süd über. Ursprünglich hatte Präsident Roosevelt 1943 eine treuhänderische Verwaltung der Halbinsel nach Beendigung der japanischen Fremdherrschaft ins Spiel gebracht. Dieses sogenannte Trusteeship of Korea der Amerikaner stieß jedoch in der koreanischen Bevölkerung auf breiteren Widerstand, da allmählich klar wurde das es den USA um eine dauerhafte Teilung des Landes ging. Am 1. Juli 1946 kündigte die USAMGiK die Wahlen zu einem neuen Parlament für den Südteil der Halbinsel an und dies führte direkt zum Herbstaufstand im September 1946. Die US-Administration verhängte das Kriegsrecht mit dem Ergebnis von 611 Toten, ca. 7500 Verletzte und tausenden Inhaftierten im Südteil des Landes. Politisch stärkte die US-Administration die antikommunistischen Kräfte im Südteil der Halbinsel, indem man die Ergebnisse der Wahl im Oktober 1946 mehr oder weniger manipulierte oder in zwei Wahldistrikten gar annullierte und so die gewünschten Personen in das neue Parlament einzogen. 

Im Nordteil der Halbinsel wurde die Kommunistische Partei unter Führung von Kim Il Sung von der sowjetischen Militärverwaltung in die Verwaltung Nordkoreas integriert. Die Sowjetunion und die KPK organisierten ihrerseits Wahlen für die Stadt- und lokalen Verwaltungen im Jahr 1946, sowie Wahlen zur provisorischen Nationalversammlung von Nordkorea im Jahr 1947. Auch hier ist eine starke Abgrenzung gegenüber dem Süden bereits erkennbar, obwohl man offiziell die Einheit der Nation im Norden propagierte, die selbstverständlich propagandistisch den Süden mit einbezog. Auf der koreanischen Halbinsel wird der Nationalismus asiatischer Prägung im kalten Krieg auch erkennbar, die politische Strömungen die nicht mit den eignen Positionen übereinstimmen physisch zu eliminieren versucht. 

Der letzte Sargnagel der die koreanische Teilung letztendlich vollzog war die Wahl vom 10. Mai 1948, die nur im Süden der koreanischen Halbinsel von der UN organisiert wurde, da der Norden die Wahl exemplarisch ablehnte. Grund der Ablehnung war die gewaltsame Niederschlagung des Jeju-Aufstandes im März/April 1948 durch die USAMGiK mit geschätzten 14.000 bis 100.000 Todesopfern. Die Wahl selber wurde von den UN-Wahlbeobachtern weder als Frei noch fair bezeichnet. Nach der Wahl von von Rhee Syng-man als Präsidenten und der Etablierung der Republik Korea am 15. August 1948 vertiefte die Spaltung weiter, da der Norden als Reaktion nun die Demokratische Volksrepublik Korea am 26. August 1948 etablierte. Beide Republiken erkannten sich gegenseitig nicht an, sondern formulierten sich als die jeweils alleinigen Vertreter des Koreanischen Volkes bzw. der Nation

In Südkorea organisierten Kommunisten, von Nordkorea unterstützt, mehrere Streiks und Unruhen gegen das antikommunistische Regime von Rhee Syng-man, die allesamt gewaltsam niedergeschlagen wurden. Der Yeosu-Sucheon-Aufstand im Oktober/November 1948 kostete ca. 3.000 Personen das Leben, beim Mungyeong Massaker am 24. Dezember 1949 fielen ca. 90 Menschen der Repressionspolitik der Regierung zum Opfer. Am 17. November verhängte Präsident Rhee Syng-man das Kriegsrecht. Von 1948 bis zum Kriegsbeginn am 25. Juni 1950 waren die Südkoreanischen Polizei und Streitkräfte mit einem regelrechten Partisanenkrieg konfrontiert, bei dem rund 7.500 Sicherheitskräfte ihr Leben verloren. Anfang 1950 waren rund 30.000 Kommunisten in Südkorea inhaftiert und rund 300.000 sogenannte kommunistische Sympathisanten im sogenannten Bodo League Umerziehungslagern interniert. Hinzu kamen noch politische Morde, wie dem an Kim Gu. Diese Repressionspolitik hinderte die USA jedoch nicht daran Südkorea finanziell und Militärisch zu unterstützen, besonders nach der Machtübernahme der Kommunisten unter Mao in China, gewann Südkorea infolge der Containment Policy der Truman Administration an Gewicht. Der Kalte Krieg ließ auch auf der koreanischen Halbinsel zwei konkurrierende Staaten entstehen, die jeweils von ihren ideologischen Ziehvätern aufgerüstet wurden. Der Antikommunismus ist dabei auf US-Seite ein tragendes Element, was zum Beispiel in Memoranden von Brooks Atkinson "A Digest of Three Artikel" oder das lange Telegramm von Georg Kennan  an James Byrnes im Februar 1946 zum Ausdruck kommt. Der Kalte Krieg lief bereits 1948/49 auf Hochtouren und die koreanische Halbinsel wurde zum Experimentierfeld wie man den ideologische Gegner am besten ausschalten konnte. Das gilt für Nord-, wie auch für Südkorea, beides waren Diktaturen die mit den Menschenrechten ziemlich wenig am Hut hatten.        

Seit der Gründung der beiden koreanischen Staaten spitzte sich die Lage immer weiter zu. Diplomatische Initiativen die zu einer Entspannung der Lage auf der koreanischen Halbinsel führen können gab es keine. Der Alleinvertretungsanspruch der beiden Koreas taten ein übriges. Im Zeitraum von August 1948 bis zum 25. Juni 1950 drangen elf mal nordkoreanische Truppen auf das Gebiet der Republik Korea vor, primär um Partisanen zu unterstützen. Weiterhin gab es mehr als 200 weitere Grenzzwischenfälle unterschiedlicher Schwere an der Demarkationslinie entlang des 38. Breitengrades. Diese reichten von Schusswechseln bis zu Artillerieduellen und Grenzübertritte der jeweils gegnerischen Seite. 

Am 12. Januar 1950 erläuterte der US-Außenminister Acheson die US-Doktrin für den Fernen Osten, dabei sprach er von einer Verteidigungslinie von den Aleuten über Japan bis zu den Philippinen, was Südkorea und Taiwan anscheinend nicht mit einbezog. Der Auslandsgeheimdienst der USA, also die CIA, wusste ziemlich genau das Nordkorea eine schlagkräftige Armee aufbaute, das gleiche gilt für Südkorea, wobei der Aufbau sich nach amerikanischer Darstellung schwieriger gestaltete. Der größte Mythos der sich meiner Meinung nach um den Korea Krieg dreht ist wohl der, das Nordkorea vollkommen überraschend den demokratischen Süden überfiel. Wie oben dargestellt war es nur eine Frage der Zeit bis die eine oder andere Seite einen Krieg beginnen würde. So erklärt sich auch die sehr schnelle US-Reaktion auf die Intervention und die Verabschiedung der UN Resolution Nr. 82 noch am selben Tag, dem 25. Juni 1950. Aber über alle dem thronte wohl für Präsident Truman auch die Frage: "Who lost China" und er wollte bestimmt nicht das als nächstes gefragt wird "Who lost South Korea", das hätte seine Containment Politik wohl ad absurdum geführt. Vielleicht hat Truman auch Reports glauben geschenkt die Südkorea als ein Bollwerk gegen den Kommunismus preisen. In dem Report "Communist Capabilities in South Korea" vom 21. Februar 1949 wird jedenfalls davon ausgegangen das 80% der südkoreanischen Bevölkerung stramme Antikommunisten wären oder der Ablehnung des Kommunismus zumindest nahe standen. In dem Report "Consequences of U.S. Troop Withdrawal from Korea in Spring 1949" vom 28. Februar 1949 wird davon ausgegangen das der Rückzug der US-Truppen im Frühjahr 1949 zu einem Krieg von Südkorea mit Nordkorea in nächster Zukunft führen wird. In dem Report "The Position of the United States in Respect to Korea", Nationaler Sicherheitsrat vom 16. März 1949, sah man ebenfalls das Problem eines Angriffes des Nordens auf den Süden. Aber man sah die südkoreanischen Sicherheitskräfte im Falle eines Krieges mit Nordkorea gut gerüstet und trainiert, immerhin 114.000 Mann, davon 65.000 Heer, 45.000 Polizei und 2.000 Mann in der Marine, die überwiegend mit US-Equipment ausgerüstet sind. Die Nordkoreanische Armee schätzte man zu diesem Zeitpunkt auf rund 95.000 Mann, davon einer realen Iststärke von rund 56.000 Mann beim Heer.

Also in Wirklichkeit war es wohl die Unvereinbarkeit der beiden konkurrierenden politischen Ideologien die in den beiden Koreas nach dem Ende der japanischen Fremdherrschaft sich breit machten, zusammen mit einem Nationalismus der dem europäischen extremen Nationalismus in nichts nachstand und der Alleinvertretungsanspruch von Nord- und Südkorea, jeweils als alleiniger Vertreter der koreanischen Nation der den Weg zum Krieg bereitete. Seit der Gründung der beiden Koreas sollte eigentlich klar gewesen sein, das sowohl Nord- wie auch Südkorea in ihrem Verhältnis zu einander auf einen Krieg zusteuern. 

Der Mythos das Nordkorea am 25. Juni 1950 vollkommen überraschend Südkorea Angriff, konnte nur entstehen, weil die südkoreanische Armee bei dem Versuch dem nordkoreanischen Angriff Widerstand zu leisten vollkommen versagte und auch die Anfang Juli 1950 eingetroffenen US-Truppen nicht gerade eine gute Figur machten. Das lag eigentlich nur an der Taktik der nordkoreanischen Armee, die in motorisierten Angriffskeilen agierte, denn Nordkorea hatte in Juni 1950 rund 135.000 Mann unter Waffen, Südkorea rund 98.000 Mann. Nordkorea hatte 150 Panzer vom Typ T-34-85, Südkorea keine da die US-Strategen davon ausgingen das das gebirgige Terrain der koreanischen Halbinsel keine effektiven Panzeroperationen zuließ und Südkoreas Anfrage vom Oktober 1949 über die Lieferung von 120 M-26 Panzern zurückwies. Nordkorea hatte rund 40 Jagdflugzeuge der Typen Jak-9, Lawotschkin La-7 und 70 Schlachtflugzeuge vom Typ Il-10, Südkorea hingegen nur 10 North American T-6 Schulflugzeuge und 10 P-51 Mustang, die aber erst am 26. Juni 1950 offiziell übergeben wurden, ohne ausgebildete Piloten. Bereits am 27. Juni griff die Far Eastern Group der US Air Force in die Kämpfe ein und neutralisierte mit rund 1.100 Kampfflugzeugen innerhalb weniger Tage die Nordkoreanische Luftwaffe. Das es Nordkorea bis Ende August 1950 trotzdem gelang die südkoreanischen und US-amerikanischen Truppen nach Busan zurück zu drängen, finde ich bis heute recht erstaunlich. Man muss dabei bedenken das die US-Task Force Smith, bestehend aus dem 1. Bataillon, der 21. Infanterie- und der 24. Infanterie-Division der 8. US-Armee, bereits am 1. Juli die koreanische Halbinsel erreichten und am 5. Juli in die Kämpfe bei Osan eingriffen, mit dem Ergebnis das man sich zurückziehen musste. Das lag vor allem daran das bei den sogenannten UN-Truppen logistische Probleme, wie auch unerwartete Probleme in der Bewaffnung, Training und Kommandostruktur auftraten. Wie dem auch sei, der Mythos vom unerwarteten Krieg auf der koreanischen Halbinsel 1950 ist eben auch ein Erklärungsversuch des anfänglichen Scheiterns der US-Truppen und ihrer südkoreanischen Verbündeten.             

Kommentiere diesen Post