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2023, Krieg um den Gaza-Streifen

Veröffentlicht am von Gerald Tauber

Tote und Verletzte bei der israelischen Operation "Shield & Arrow" vom 9. bis 12. Mai 2023 Quelle: OchaOpT
Tote und Verletzte bei der israelischen Operation "Shield & Arrow" vom 9. bis 12. Mai 2023 Quelle: OchaOpT

Die Eskalation der Lage rund um den Gazastreifen am 7. Oktober hatte ich schon seit einigen Wochen erwartet, denn sie kam nicht aus heiteren Himmel. Schon im August drohten sich gegenseitig die israelische Regierung und die Hamas mit einer militärischen Eskalation der Lage. Während seiner Rede vor der UN-Vollversammlung am 22. September erregte der israelische Premier Nethanjahu mit einer Israelkarte für Aufsehen, auf ihr wurden das Westjordanland und der Gazastreifen als israelisches Territorium dargestellt. Es kam darauf hin zu teils gewaltsamen Protesten an der Grenze zum Gazastreifen und im Westjordanland. Als israelische Reaktion wurde der Gazastreifen am 23. September 2023 bombardiert.

Laut Angaben der UN starben vom 5. bis 18. September 2023 drei Palästinenser durch den Schusswaffengebrauch israelischer Soldaten im Westjordanland. Am 19. September erschossen israelische Soldaten einen Palästinenser vor der Grenzbefestigung zum Gazastreifen, am 19. und 20. September erschossen israelische Soldaten in zwei Search & Arrest Operationen in Jenin und Jericho fünf Palästinenser, am 22. September erschossen israelische Soldaten einen Palästinenser in Jenin, bei einem Feuergefecht. Damit starben in diesem Jahr 219 Palästinenser und 8.135 wurden verletzt. Auf der anderen Seite wurden bis zum 18. September 30 israelische Staatsbürger von Palästinensern getötet und 217 wurden verletzt. 

In der Rückschau auf dieses Jahr stechen einige Ereignisse heraus, am 3. und 4. Juli drangen ca. 1.000 israelische Soldaten in ein Flüchtlingscamp in Jenin ein, töteten bei dieser Operation 12 Palästinenser und verletzten 140. Sie beschädigten bei dieser Operation auch zwei Kliniken, die für längere Zeit ihre Arbeit einstellen mussten. 

Am 9. Mai begann die israelische Armee mit der Operation "Shield and Arrow" rund um den Gazastreifen, laut israelischen Medien war diese als bewusst unprovozierte Attacke auf führende Mitglieder des islamischen Dschihad durchgeführt worden. Am 10. Mai begannen daraufhin die palästinensischen Gruppierungen Hamas und islamischer Dschihad mit dem Beschuss israelischer Ziele. Im Ergebnis der Kampfhandlungen starben vom 9. bis 12. Mai insgesamt 32 Palästinenser und 106 wurden verletzt, auf israelischer Seite starben 1 Zivilist und 35 weitere wurden verletzt. 

In diesem Jahr war die Lage nach meiner eigenen Beobachtung besonders fragil und zeigte auch das der palästinensische Widerstand gegenüber der israelischen Ordnungsmacht weitergehen und sich auch verschärfen könnte. Das der Raketenschlag mit mehreren tausend Raketen auf israelische Städte dann sehr massiv war, war für mich überraschend, und das israelische counter rocket, artillery and motar system Iron Dome dabei vollkommen überfordert war in Anbetracht des massiven Raketenschlags nun wiederum nicht. Diese technologischen Systeme haben eine Achillesferse, bei einem expotenziellen Anstieg der potenziellen Zielobjekte kann das System nicht genügend Reserven mobilisieren um diese Ziele zu eliminieren. Diese Entwicklung hatte sich seit der Operation gegossenes Blei 2008/09 bereits angedeutet. Diese Binsenweisheit kennen alle Planer dieser Systeme. Das bewaffnete Mitglieder der Hamas und des islamischen Dschihad nicht nur nach Israel eindringen konnten, sondern mehrere Ortschaften einnahmen, was die israelische Armee vollkommen überraschte zeigt vor allem, das die israelische Doktrin der Abschreckung, die auf unverhältnismäßiger Gewaltanwendung beruht, hier nicht mehr funktioniert. Sie zeigt auch das technologische und militärische Überlegenheit keine Sicherheit bei einem entschlossenen und gut koordiniert vorgehenden Gegner bietet. 

Was jetzt von Nöten ist, wäre eine diplomatische Offensive seitens der EU, darunter auch Deutschland, und Ägyptens, Katars um nicht noch mehr Blut fließen zu lassen. Mehrere hundert Tote auf beiden Seiten verbieten aus meiner Sicht irgendwelche Allianzen zu priorisieren, wie dies unsere Außenministerin Annalena Baerbock jedoch klar gemacht hat, das man fest an Israels Seite steht, dem zu Folge die Bundesregierung das Besatzungsregime Israels gegenüber den Palästinensern weiterhin fördern möchte. Wie soll man sonst denn die Phrase Solidarität mit Israel, den sie nutzte sonst deuten? Wenn so will, die Heuchelei von einem Frieden in Nah-Ost geht in der bundesdeutschen Politik immer. Wer das Selbstverteidigungsrecht Israels betont, ignoriert dem Umstand das Israel selber als Besatzungsmacht sowohl im Westjordanland, wie auch im Gazastreifen auftritt. Angesichts der deutschen Geschichte muss man sich doch stark wundern, an welch kollektiver Amnesie die deutsche Politik gegenüber Israels Besatzungspolitik seit mehr als 50 Jahren leidet.  

Aber man wird sehen wie sich die Situation entwickeln wird, eine Hoffnung auf eine baldige Waffenruhe habe ich aufgrund der israelischen Ankündigungen nach Rache jedoch nicht.       

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