2023, Krieg um Gaza, update 15.10.23
Seit dem Beginn des militärischen Überfalls der Hamas auf verschiedene Grenzorte Israels am 7. Oktober sind bis zum 14. Oktober 23 Uhr insgesamt 1.300 Menschen in Israel getötet worden und ca. 3.621 wurden verwundet. Weitere 130 bis 150 Menschen wurden von der Hamas in den Gazastreifen verschleppt, über deren Schicksal ist soweit nichts näheres bekannt.
Auf der anderen Seite wurden im Gazastreifen bis zum 14. Oktober 2023 23 Uhr insgesamt 2.228 Tote gezählt, weitere 8.744 wurden verletzt. Im Westjordanland wurden weitere 54 Tote und 1.151 Verletzte Palästinenser in diesem Zeitraum gezählt. Diese wurden laut Angaben der UN hauptsächlich bei Solidaritätskundgebungen, die von israelischen Besatzungstruppen gewaltsam unterdruckt werden, zumeist erschossen. Ebenso sind Übergriffe und Tötungen durch israelische Siedler im Westjordanland bekannt geworden. Die seit Januar 2023 beobachtete Zunahme der Gewalt, die von israelischen Siedlern ausgeht, dürfte sich nach meiner Einschätzung nach den Ereignissen am 7. Oktober weiter intensivieren.
Weiterhin bombardiert Israel massiv den Gazastreifen von Land, Luft und See aus, während die palästinensischen Organisationen Hamas und islamischer Dschihad, ungeachtet des Bombardements, täglich hunderte Raketen nach Israel verschießen. Vom Freitag auf Samstag wurden in Israel keine weiteren Tote gezählt, jedoch wurden weitere 136 Personen verletzt.
Im Gazastreifen wurden bis zum 14. Oktober ca. 6.864 Gebäude zerstört, darunter 5.540 Wohngebäude, weitere 3.743 Wohngebäude wurden der Art beschädigt das sie unbewohnbar sind. Bis zum 13. Oktober wurden 144 Schulgebäude von Geschossen getroffen, darunter 20 die von der UNRWA betrieben wurden. Zwei dieser Gebäude wurden für die Unterbringung zuvor ausgebombter Palästinenser genutzt. Des weiteren wurden elf Moscheen zerstört und weitere sieben Moscheen und Kirchen wurden beschädigt. Bis zum Donnerstag, dem 12. Oktober, waren bereits über 423.000 Palästinenser auf der Flucht innerhalb des Gazastreifens. Am selben Tag wurde von der OCHA oPt ein Hilfsaufruf veröffentlicht, in dem der finanzielle Bedarf um Hilfslieferungen, Unterbringung von Geflüchteten etc. zu organisieren bereits auf ca. 297 Mio. US-Dollar beziffert wurde.
Während dessen positioniert sich die deutsche Bundesregierung und die politischen Parteien im Bundestag nun eindeutig als Bündnispartner Israels. Die Bundesregierung will dem Vernehmen nach die Zahlungen für Projekte in der Westbank und dem Gazastreifen vorerst aussetzen, darunter auch Zahlungen an das UNRWA. Im deutschen Bundestag erhoben sich die Parlamentarier am 11. Oktober zu einer Schweigeminute, wohlgemerkt explizit zum Gedenken der israelischen Opfer des Überfalls der Hamas am 7. Oktober. Die AfD bringt drei Anträge ein, die in den Vermittlungsausschuss überwiesen wurden. Das interessante daran ist in der Drucksache 20/8738 wird dabei das Verbot der palästinensischen Organisation Samidoun gefordert.
Außenministerin Annalena Baerbock betonte, am selben Tage, weiterhin die "Sicherheit Israels" als deutsche Staatsräson. In die gleiche Kerbe schlug Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Rede am 12. Oktober im deutschen Bundestag, dabei sollten beide wissen das der Begriff Staatsräson einen machiavellischen Grundsatz beschreibt, wonach staatliches Handeln eine Legitimation benötigt, auch wenn Moral und Rechtsvorschriften (gesellschaftlicher Konsens) verletzt werden. Das eigentlich interessante an seiner Rede ist, er kündigte ein Betätigungsverbot für die palästinischen Organisation Samidoun an. Damit sind zwei Anträge der AfD praktisch gesehen von der Bundesregierung selber angenommen worden, wer hätte das gedacht. Von einer Brandmauer ist in der Beziehung "Solidarität mit Israel" wohl nichts zu spüren. In der Parlamentszeitung des Bundestages gibt es in der Ausgabe vom 14. Oktober ebenso nur ein Thema. Man vergleicht dabei diese militärische Auseinandersetzung mit dem Jom Kippur Krieg von 1973. Schlagworte wie Kampf um die Existenz, Neue Dimension des Krieges, oder Solidarität mit Israel werden breit getreten.
Das für mich erstaunliche ist, von einer neutralen Position ist in der deutschen Politik in Bezug auf den Nah-Ost-Konflikt nichts zu spüren. Die Bundesregierung bestärkt eher die israelische Regierung in ihrem Wunsch nach Rache. Ebenso bestärkt und unterstützt die Bundesregierung die meines Erachtens die unverhältnismäßige militärische Gewaltanwendung seitens des israelischen Militärs. Ebenso unterstützt man anscheinend in Berlin die Aufforderung des israelischen Militärs 1,2 Mio. Zivilisten sollen innerhalb von 24 Stunden den Norden des Gazastreifens bis zum Wadi Gaza räumen. Damit verkleinert sich die Fläche des Gazastreifen schlagartig um 40%! Wo sollen denn diese 1,2 Mio. Palästinenser im restlichen Gazastreifen unterkommen? Meines Erachtens ist das alles in der Phrase Solidarität mit Israel mit enthalten. Wahrscheinlich applaudieren Olaf Scholz und Annalena Baerbock, wenn sie die Bilder von explodierenden Häusern im Gazastreifen sehen, aber wer weis das schon? Aber hier einmal zur Erinnerung, als Annalena Baerbock im vergangenen Jahr die Leitlinien ihrer feministischen Außenpolitik vorstellte, klang das noch ganz anders. Um einen Vergleich zu bemühen, die bislang schwerste Auseinandersetzung um den Gazastreifen fand 2014 statt, damals starben während der 50 Tage andauernden Operation Protegtive Edge 2.101 Palästinenser und 73 Israelis. Das ergibt, rein rechnerisch, an einem Tag rund 42 getötete Palästinenser, bei der derzeitigen Auseinandersetzung sind es rund 319 an einem Tag!