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Ostantarktische Gletscher wachen auf

Veröffentlicht am von Gerald Tauber

Fließgeschwindigkeit der Antarktischen Gletscher Quelle: NASA Earth Observatory

Fließgeschwindigkeit der Antarktischen Gletscher Quelle: NASA Earth Observatory

Diese Woche habe ich auf der NASA Earth Observatory Webseite den Artikel: More Glaciers in East Antarctica are waking up gelesen. Das Ergebnis in diesem Artikel fand ich recht interessant und hatte ich bereits erwartet, zwar ging man bisher davon aus das der Eisschild der Ostantarktis stabiler als sein Pendant der westlichen Antarktis ist, aber diese Sichtweise scheint nun überholt. Die Eismassen einer Gruppe von Gletschern die um den Totten-Gletscher gruppiert sind bewegen sich schneller und ihre Eismassen nehmen ab. An der Gletscherzunge wurde eine Abnahme der Eisdicke von 0,25 Metern/Jahr seit 2009 gemessen, was einer Verdopplung der Abnahme zur vorhergehenden Dekade gleichkommt. Ebenso zieht sich die Basislinie des Totten-Gletschers immer weiter zurück, was zu einer weiteren Abnahme der Eisdicke der Gletscherzunge führt und die auf dem Meer liegende Zunge des Gletschers instabiler macht. Update: Ich hatte an dieser Stelle vergessen eine Sache zu erwähnen, Untersuchungen von Eisbohrkernen haben zwar ergeben das die Schneefälle in den ersten sieben Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts um 1,016 mm pro Quadratmeter zugenommen haben, seit 1979 hat sich diese Zunahme an Niederschlag nochmals verdoppelt. Eine andere Studie erklärt diesen Umstand mit der Regeneration der Ozonschicht in der oberen Troposphäre über dem südlichen Ozean. Die Autoren erklären dies das die Zunahme an Ozon die obere Atmosphäre erwärmt und die Luftfeuchtigkeit erhöht. Die erhöhte Aufnahme von Wasserdampf über dem südlichen Ozean spiegelt sich in der Erhöhung der Niederschläge in Form von Schnee über der Antarktis wieder.  

Fließgeschwindigkeit der Westantarktischen Gletscher an der Amundsen-See von 1996-2008
Fließgeschwindigkeit der Westantarktischen Gletscher an der Amundsen-See von 1996-2008, Blau niedrigere und rot hohe Fließgeschwindigkeit Quelle: NASA Scientific Visualisation Studio

Klar ist aber auch das die Verhältnisse in der Ostantarktis andere sind als in der Westantarktis. Der massive Eisverlust des Thwaites- und des Pine Island Gletscher in der Westantarktis kann man zum Beispiel nicht allein mit dem Klimawandel erklären. Der Pine Island Gletscher verliert rund 67Gt/Jahr und der Thwaites-Gletscher rund 63Gt/Jahr an Masse, wovon rund 10% lediglich dem Klimawandel über der Westantarktis zugeschrieben werden. Bekannt ist dazu das sich unter dem Thwaites-Gletscher größere Seen gebildet haben und die Region mit bis zu 41 mm pro Jahr angehoben wird. Einerseits wird die Hebung durch den Eisverlust und andererseits durch geotektonische Kräfte verursacht. Zudem fanden Forscher im Seewasser vor den beiden Gletschern zum Beispiel Spuren von Helium, was auf vulkanische Aktivitäten unter dem Eispanzer schließen lässt. Erste Hinweise auf die vulkanische Aktivität unter dem Gletscher fand man 2007 und 2014 wurde diese erneut verifiziert. In einem Artikel den ich vor ein paar Jahren gelesen habe wurde der Wärmefluss unter dem Thwaites-Gletscher mit 114 Milliwatt/m² quantifiziert, während der Wert unter dem Eisschild der Ostantarktis mit 65 Milliwatt/m² beziffert wurde. Klar wird dadurch das die beiden Gletscher von drei Seiten bedrängt werden, von der Erwärmung der Atmosphäre, zweitens durch die Erwärmung des Ozeans und drittens durch geothermische Vorgänge unter dem Eisschild. Zumindest lässt sich nun der hohe Masseverlust und die hohe Fließgeschwindigkeit von bis zu drei Kilometern pro Jahr der beiden Giganten besser erklären. Aber wie dem auch sei, ob die Seen unter dem Thwaites-Gletscher sich erst in den letzten Jahrzehnten gebildet haben oder ob sie schon seit längerer Zeit existieren konnte ich nicht verifizieren.

bekannte Subglaziale Seen und Flüsse der Antarktis Quelle: SALSA-Antarctica.org
bekannte Subglaziale Seen und Flüsse der Antarktis Quelle: SALSA-Antarctica.org

Ein anderer Fakt ist aber auch das seit den 1960er Jahren rund 378 subglaziale Seen und eine Vielzahl von Flüssen unter dem Eisschild der gesamten Antarktis entdeckt wurden. Die hydrologischen Vorgänge unter dem Eisschild sind meines Erachtens aber immer noch nicht ausreichend erforscht worden. Beim Whillians-Eisstrom wurden Untersuchungen durch das WISSARD-Projekt durchgeführt und eine Süßwasserblase von bis zu fünf Kilometern Länge genauer untersucht, dem Whillians-See. Erstaunlich fand ich dabei das der Eisstrom sich nicht kontinuierlich bewegt sondern mehrere Male am Tag stoppt, um sich dann schlagartig um dutzende Zentimeter vorzuschieben, was wohl mit einer Interaktion des Eisstroms mit dem ihm vorgelagerten Ross-Eisschelf erklärt werden kann. Das andere erstaunliche war das die Süßwasserblase lange Zeit anschwillt und nur alle vier bis fünf Jahre entleert, der Ozean ist immerhin 70 Kilometer weit weg. Faszinierend fand ich jedoch das im Wasser des Whillians-Sees rund 130.000 lebende Zellen pro Milliliter Wasser von verschiedenen Typen von Organismen gefunden wurden. Das waren immerhin doppelt so viele wie erwartet und zeigt auch unsere eigner Planet ist immer noch für Überraschungen gut.     

Gerade vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Klimawandels und der COP 24 Konferenz in Kattowiz denke ich sind die Nachrichten aus der Ostantarktis eben eine Bestätigung des Trends der Abnahme der Eismassen auf dem Globus, was auch weltweit die Menschheit betrifft. Im Himalaya und im Karakorum-Gebirge verlangsamt sich die Fließgeschwindigkeit der Gletscher aufgrund des Abschmelzens und der immer dünner werdenden Eiskruste, immerhin leben im Einzugsbereich der Flüsse die durch diese Gletscher gespeist werden fasst ein fünftel der Menschheit. In Pakistan zum Beispiel gab das Ministerium für Klimawandel, das Institut für Nachhaltige Entwicklung und das World Food Programm der UNO einen Leitfaden für den Umgang mit Klimarisiken heraus. 

Aber auch abseits der vergletscherten Gebiete sehen wir ja mehr Wetterextreme, wohl gemerkt die durch die Veränderung des Klimas erst hervorrufen werden. Die Abnahme der Niederschläge in diesem Jahr im südlichen Afrika spielen derzeitig in den europäischen Medien keine große Rolle, aber es ist eine durchaus reale Gefahr für die Ernährungssicherheit der dortigen Bevölkerung. In Peru erklärte die Regierung im Dezember 2018 den Ausnahmezustand in 33 Provinzen des Landes aufgrund der langanhaltenden niedrigen Temperaturen und dem Wassermangels. Die Niederschläge in Afghanistan lagen von Oktober 2017 bis Mai 2018 weit unter den Durchschnittswerten der Vorjahre. Die Schneehöhen in den Bergen des Hindukusch waren im Winter 2017/18 so niedrig, das der Nachschub an Wasser für die Bewässerung der Felder in vielen Provinzen im Frühjahr und Sommer ins Stocken kam oder gar ganz ausfiel. FEWS geht davon aus das Hilfslieferungen bis zum Frühjahr 2019 in den meisten Provinzen des Landes benötigt werden. Die Mongolei wurde im Winter 2017/18 von einem Dzud heimgesucht, einer extremen Kältewelle die ungewöhnlich viel Schnee über dem Land nieder gehen ließ. Die Temperaturen fielen im Februar 2018 auf Nachtwerte von -46,5°C und insgesamt verendeten bis März 2018 über 1,1 Mio. Nutztiere. Naja das waren jetzt nur ein paar Highligths die mir gerade so einfielen, aber Global gesehen sind Hungerkrisen auf dem Vormarsch, diese sind verbunden mit höheren und niedrigeren Temperaturen und unsteten Wettermustern.

Die Oberflächentemperaturen im Pazifik auf dem Höhepunkt des El_nino´s 2015/16 im Dezember 2015
Die Oberflächentemperaturen im Pazifik auf dem Höhepunkt des El_nino´s 2015/16 im Dezember 2015 Quelle: NASA Goddard Space Fligth Center Eigentümer: NASA/GSFC/GMAO/R. Kovach

In den Vorhersagen für 2019 erwartet das MetOffice aus Großbritannien eine weitere Bestätigung für diesen Trend, nächstes Jahr soll die globale Mitteltemperatur rund 0,96°C über dem vorindustriellen Mittelwert liegen. Mit in diese Überlegung spielt der sich seit Oktober 2018 entwickelnde El Nino im Pazifik, was ebenfalls in die Statistik der Erderwärmung passen würde. In diesem Jahrzehnt wäre es bereits der dritte stärkere nach dem moderaten 2009/10 und dem stärksten jemals von der Wissenschaft gemessenen 2015/16 Ereignis. Sein Counterpart La Nina soll im Gegensatz zu El Nino die globalen Temperaturen senken, kleiner Schönheitsfehler die ersten drei Monate von 2018 herrschten La Nina Konditionen über dem zentralen Pazifik. Die nächsten sechs Monate herrschten eher neutrale ENSO-Konditionen und seit Oktober entwickelt sich der erwähnte El-Nino. Trotz dieser kühlenden bzw. neutralen Einflüsse wird 2018 global zu den wärmsten Jahren gezählt werden und für Deutschland speziell war es das wärmste Jahr seit 1881. Sicher sind die Ursachen für das trockenste und wärmste Jahr in Deutschland nicht im zentralen Pazifik zu suchen, sondern in der abnehmenden Temperaturdifferenz zwischen den polaren Gebieten und den Tropen, aber die Telekonnektion genannten Fernwirkungen dieser Ereignisse, wie das ENSO-Phänomen, sind bislang relativ wenig erforscht. Bis 2014 ging man von einen Temperaturanstieg von 0,86°C zum vorindustriellen Temperaturniveau aus, neuere Studien belegen jedoch das in dem Zeitraum von 2014 bis 2018 die globale Mitteltemperatur um 1,04°C zum vorindustriellen Mittelwert anstieg. Für den europäischen Kontinent kommt der Copernicus Climate Change Service sogar auf eine Erwärmung von 1,8°C zum vorindustriellen Mittelwert. 

Vor drei Jahrzehnten ging man noch von einer siebenjährigen Musterwiederholung des EL Nino/Southern Oscillation genannten gekoppelten ozeanisch/atmosphärischen Klimaphänomens aus, was sich bei genauerer Betrachtung als Trugschluss herausstellte und inzwischen spricht man von einer zwei bis siebenjährigen Phase der Musterwiederholung. Es entwickelten sich zum Beispiel 2012 und 2014 El Ninos die in ihrer Entwicklung unterdurchschnittlich blieben, die Gründe hierfür sind nicht bekannt oder besser gesagt unzureichend erforscht. Eigentlich könnte man auch von El Nino-, La Nina-, vulkanischen oder neutralen Jahren sprechen. Seit 1970 zählt man dieser Definition zu Folge insgesamt 15 EL Nino, 15 La Nina, sechs vulkanische und 13 neutrale Jahre. Zu den vulkanischen Jahren zählen die Jahre 1991-94 (Pinatubo, Philippinen) und 1982-85 (El Chinon, Mexico). Eine recht interessante Zusammenstellung wie ich zumindest finde und das zeigt auch irgendwie lebt unser Planet und wir sollten wohl nicht zu sehr an den Stellschrauben des Klimas drehen ohne zu wissen was dabei später heraus kommt. 

Update vom 25. Dezember 2018

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