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Das Great Barrier Reef ist noch nicht gestorben

Veröffentlicht am von Gerald Tauber

Geschädigte Korallen im Jahr 2016/17
Geschädigte Korallen im Jahr 2016/17

Im letzten Frühjahr hatte ich die Frage gestellt ob das Great Barrier Reef nun schon gestorben ist und bin zum Ergebnis gekommen das die Mehrzahl der damals erschienenen Presseberichte wohl sehr unzutreffend sind. Aber das brachte mich nun wieder auf das Great Barrier Reef zu schauen und mich zu fragen, wie steht es heute mit dem größten Barriereriff der Welt, dem größten aquatischen Ökosystem der Erde?

Über die allgemein bekannten Fakten über das Great Barrier Reef braucht man sich ja nicht zu streiten, aber in der Summe geht es dem Riffsystem schon lange nicht mehr so gut. Im Jahr 2014 erschienen In Brief Outlook Report 2014 steht zum Beispiel das die Fläche der Bedeckung mit Korallenriffen im Great Barrier Reef Marine Park von 1986 bis 2014 von 28% auf 13,8% abgenommen hat. Allein dieser Umstand zeigt eine Fokussierung auf die Korallenbleiche als alleiniger Verursacher für diesen Rückgang kann ihn aber nicht wirklich erklären. Große Korallenbleichen am Great Barrier Reef wurden 1929, 1998 und 2002 beobachtet, wobei eine genauere Dokumentation dieser Ereignisse nur von den beiden letzten bekannt wurde. Kleinere Korallenbleichen die regionale Bereiche des Riffsystems betrafen wurden seit 1982 in zunehmender Häufigkeit regelmäßig beobachtet. Bei den beiden großen Korallenbleichen 1998 und 2002 starben 40% des Korallenbestandes im Great Barrier Reef (GBR) ab, dies betraf vor allem des zentralen und südlichen Teil des Riffes. Im südlichen Teil des Riffsystems sank zum Beispiel die Bedeckung mit Korallenriffen seit 1986 auf unter 10%, bezogen auf die Gesamtfläche des Marinen Schutzparks. Ebenso interessant für diese Betrachtung ist das seit 2007 ein signifikanten Rückgang an Seegraswiesen, gezeitenabhängige Überschwemmungszonen und Mangrovenwäldern im marinen Schutzpark festgestellt wurde. Also allein den Klimawandel für den eher schlechten zustand des Riffes verantwortlich zu machen ist meines ERACHTENS nicht sonderlich Zielführend. Schaut man sich den Zustand des Gesamtökosystems im Weltnaturerbe an erscheinen die direkten Eingriffe des Menschen ebenso signifikant und damit auch dafür Verantwortlich für den Rückgang an Korallenriffen. Bei dieser Betrachtung ist auch zu beachten das Korallenbänke nicht für sich allein existieren, sondern zusammen mit anderen Ökosystemen wie Seegraswiesen, Mangrovenwäldern, Marschländern und Salzwiesen Koexistieren und teilweise interagieren. Der Verlust an küstennahen Ökosystemen hat dabei auch direkte Auswirkungen auf die Gesundheit der Korallen, gerade im bevölkerungsreichen Küstenteil des Great Barrier Reef tritt dies offen zu Tage. Dort sind in den letzten beiden Dekaden 50% der küstennahen Korallenriffe abgestorben und gerade in diesem Bereich hat der Mensch zahlreiche Ökosysteme unter anderen in landwirtschaftliche Nutzflächen umgestaltet. Allein die Region um den Fitzroy-River verlor in den letzten beiden Jahrhunderten im Inland rund 50.000 km² an Trockenwäldern, rund 6.600 km² an Überflutungszonen und 3.800 km² an Regenwaldflächen. Rund 1.100 km² wurden in der Region um den Fitzroy-River durch Aktivitäten von Bergbauunternehmen komplett umgestaltet. Daraus folgt eine höhere Erosionsrate der Böden im Inland die über die Flusssysteme ins Meer eingetragen wird. Allgemein geht man heute von rund 14 Mio. Tonnen Erdreich aus die jährlich erodieren, was einer fünf mal höheren natürlichen Erosionsrate entspricht. Von den landwirtschaftlichen Anbauflächen gelangen jedes Jahr rund 66.000 Tonnen Stickstoff-, 14.000 Tonnen an Phosphorverbindungen und rund 28 Tonnen an Herbiziden in das Meer vor Queensland. Daraus folgt eine schlechtere Wasserqualität im Meer die Algen- und Bakterienblüten begünstigt, sich damit negativ auf die Gesundheit der Seegräser und Korallen auswirkt und deren Widerstandskraft mindert. Die angestrebten Reduktionsziele dieser eher menschgemachten Verschmutzung um die Wasserqualität im marinen Schutzpark zu verbessern konnten die Australier bislang noch nicht realisieren

Nimmt man die Auswirkungen des tropischen Zyklons Debbie, der zeitgleich mit der Korallenbleiche März/April 2017 über den zentralen Teil des GBR zog und dabei zwischen 200 bis 620 mm Niederschlag über dem Inland niedergehen ließ. Durch den Niederschlag wurde das Inland auf rund 11.000 km² überschwemmt und es wurden mehrere Millionen Tonnen Erdreich ins Meer ausgewaschen, die durch vorherrschenden Meeresströmungen entlang der Küste nordwärts verfrachtet wurden. Nach Schätzung des WWF wurde allein durch Debbie innerhalb einer Woche ein Drittel des durchschnittlichen jährlichen Bodenabtrags in die Region des GBR ausgeschwemmt. Weitere Zyklone die in den letzten 20 Jahren das GBR passierten waren Nathan 2015, Superzyklon Yasi 2011, Zyklon Ului 2010, Zyklon Hamish 2009 und der Superzyklon Larry 2006. Ich glaube an Hand der Zahlen kann sich jeder ganz gut vorstellen welchen Umweltbelastungen die Korallenriffe des GBR ausgesetzt sind.  

Die allgemeine Erwärmung und die zunehmende Versauerung der Meere durch den Klimawandel setzt dem anscheinend noch die Krone dann auf. Geht man dann zur Massenbleiche der Jahre 2016/17 waren laut dem Arc Center of Excellenc rund zwei drittel aller Korallenriffe des GBR von ihr betroffen. Dabei starben von April bis November 2016 rund 30% der Korallen im gesamten Riffsystem ab, wobei sehr große  regionale Unterschiede zu verzeichnen waren. Die zweite Massenbleiche der Korallen fand von Anfang März bis Mitte April 2017 am GBR statt und bei beiden Massenbleichen war der nördliche Sektor des Riffsystems am stärksten betroffen. Beim der 2016 aufgetretenen Massenbleiche waren 75% der abgestorbenen Korallen im Hohen Norden des GBR zu verzeichnen, wobei davon rund 80% der Korallen in Flachwasserregionen im Bereich von Cap York bis Lizard Island abstarben. Vom zweiten Massenbleiche von März/April 2017 konnte ich noch keine Analysen ausfindig machen, aber das kommt bestimmt noch. Allerdings muss man auch sagen das auch in diesem Jahr das Riffsystem im Januar und im April bereits zwei Hitzestressperioden ausgesetzt war, ohne das es zu einer Korallenbleiche kam.

In der Summe lässt sich wohl eines sagen, das Great Barrier Reef ist bis heute noch nicht gestorben, aber seit James Cook mit der Endeavour im Jahr 1770 das GBR entdeckte war es einem beständigen Wandel unterworfen. Der beständige Rückgang der Bedeckung mit Korallenriffen in letzten 60 Jahren wird dem Great Barrier Reef wohl seinen einstigen Glanz als Hotspot der Biodiversität nehmen, aber es werden wohl die Korallenarten überleben die mit den Umweltbelastungen und höheren Wassertemperaturen besser zurechtkommen. Untersuchungen in der Karibik legen das zumindest nahe, aber ob das ein mögliches Szenario ist wird sich erst zeigen. Also die Zukunft des Great Barrier Reefs ist eher unbestimmt, ob es überleben wird hängt wohl auch vom Menschen und seinen Aktivitäten ab.  

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