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Russen in der Ukraine/Jesiten im Irak

Veröffentlicht am von Gerald Tauber

Der NATO-Generalsekretär Anders "fog(h) of war" Rasmussen bestätigt nun, russische Truppen drangen in die Ukraine ein. Andrej Lysenko, der Sprecher des ukrainischen Sicherheitsrates, bestätigte ebenso den Bericht britischer Journalisten, die einen russischen Konvoi beobachtet haben der die Grenze überschritt.

Ob bereits ein russischer Militärkonvoi am Donnerstag die Grenze passiert hat und dieser angeblich teilweise vom ukrainischen Militär zerstört wurde(1), bleibt wie immer ohne stichhaltigen Beweis. Die ukrainische Regierung hat weder für das Eindringen noch für die Zerstörung Bilder oder andere Beweise veröffentlicht. Das ist ein interessanter Kontrast zum 17. Juli, als bereits wenige Stunden nach dem Absturz von MH-17 Fotos und Videos vom Absturz im Netz kursierten, bereit gestellt von der ukrainischen Seite. Der ukrainische Präsident Poroschenko hatte damals bereits zwei Stunden nach dem Absturz den völligen Durchblick, immerhin war er es der von Abschuss, Terrorismus und dem Fla-Raketenkomplex BUK M1 bereits am 17. Juli redete. Wohlgemerkt die Absturzstelle lag in einem Gebiet das von den ukrainischen Separatisten kontrolliert wurde und die ukrainische Regierung keinen direkten Zugang zu diesem Gebiet hatte. Das seltsame ist es existieren keine Bilder von den zerstörten Fahrzeugen, auch Erkennungsmarken der (so muss man wohl annehmen) getöteten russischen Soldaten sind bislang nicht bekannt. Die Nichtexistenz von nachvollziehbaren Beweisen untergräbt die Glaubwürdigkeit der Führung in Kiew und ihrer Verbündeten weiter. Denn die Anschuldigungen der Ukraine, NATO, EU-Staaten oder USA gegenüber Russland, wonach Russland eine aktive Rolle in diesem Konflikt spielt und die Separatisten mit Waffen, Söldnern, Geheimdienstberatern und anderer Logistik unterstützt konnten sie bislang keine nachvollziehbaren Beweise vorlegen.

Das seltsame ist bereits am Freitag folgte angeblich ein weiterer russischer Konvoi, der irgendwie aus der Presse verschwand. Immerhin ist es recht seltsam, denn Russland möchte einen humanitären Konvoi mit 2.000 Tonnen Hilfsgütern nach Lughansk schicken, diese Hilfslieferung soll anscheinend sabotiert werden. Dieser wartet 50 Kilometer vor der Grenze in der Region Rostow am Don, die britischen Journalisten die den Grenzübertritt des Militärkonvois beobachtet haben begleiten diesen und konnten diesen teilweise sogar inspizieren. Jedoch wie sie den Grenzübertritt des Militärkonvois beobachtet haben wollen, immerhin aus 50 km Entfernung, bleibt wohl deren Geheimnis. Das sie ihm gefolgt sind und der Verband dieses Fahrzeug bemerkt nicht hätten, naja da kann man mal sehen Bewegungsfreiheit von Russland gewährleistet wird. Fotos oder Videos machten die Journalisten auch nicht, sondern sie machten nur Mitteilungen auf Twitter und damit folgen die britischen Journalisten der Beweisführung von NATO, Ukraine, EU-Staaten und der USA. Anscheinend waren die Kameras ihrer Smartphones außer Funktion. Die OSZE die immerhin 250 Beobachter in der Region Rostow stationiert hat und die Grenze überwacht schweigt bislang(2)(3). Die Moskauer Führung dementierte umgehend das der Konvoi in die Ukraine eindrang, es soll sich um eine Kontrolle der russischen Grenzanlagen gehandelt haben.

Derweil bislang ungeachtet geht die Regierung der Ukraine gegen die Opposition weiter vor, das Verbotsverfahren gegen die Ukrainische Kommunistische Partei, die offen gegen die Anti-Terror-Operation im Donbas-Stellung bezog musste am Mittwoch erst einmal vertagt werden. Die UKP verlor am 23. Juli ihren Fraktionsstatus in der Rada, da neun Abgeordnete der Partei zu anderen Fraktionen wechselten(4), seit März ist der Partei die Öffentlichkeitsarbeit weitestgehend verboten und seit Mai strengt die Führung in Kiew ein Verbotsverfahren gegen die Partei an.(Junge Welt 14.08.2014)

Aber der Grund des Posts folgender: "Die Situation der Menschen in den umkämpften Städten wurde nach Angaben der örtlichen Behörden immer dramatischer. Die mehr als 200.000 Einwohner von Lugansk sind seit zwei Wochen ohne Strom und Wasser. In Donezk seien mehr als 40.000 Einwohner ohne Strom, so der Stadtrat." (5)

Wie es in den anderen umkämpften Städten des Donbas aussieht ist weitestgehend nicht bekannt, aber der Logik folgend dürfte es dort auch nicht besser aussehen. Nach Russischen Angaben haben bislang 750.000 Menschen in Russland Zuflucht gefunden, die Anzahl der ukrainischen Binnenflüchtlinge dürfte wohl auch die 100.000 Marke schon lange überschritten haben. Politik und Medien scheinen keinen Deut sich darum zu kümmern wie diese Flüchtlinge leben oder warum sie überhaupt flohen. Während sich im Irak deutsche Politiker/innen besonders engagieren. Immerhin die Spitzen-Grüne Claudia Roth reiste schnell nach Erbil und Frank Walther Steinmeier besuchte jesitische Gemeinden um deutsche Lieferungen an die Kurden, also eine indirekte Einmischung, zu legitimieren. Während im Falle des Irakkonfliktes von Völkermord, ethnischer Säuberung und humanitärer Katastrophe gesprochen wird, sind im Falle des ukrainischen Bürgerkrieges diese Sprachregelungen wohl ausgeschlossen. Das obwohl in der Ukraine die Regierung Jazenjuk und ihr Präsident Poroschenko einen Krieg gegen einen bestimmten Teil der Bevölkerung führt. Während im Irak die Perfidität und Brutalität der Kämpfer des Islamischen Staates besonders betont wird, wird das vorgehen der ukrainischen Regierung bei ihrem Krieg gegen die Bevölkerung des Donbas als legitim dargestellt. Dieses obwohl an den Kämpfen im Donbas auf ukrainischer Seite privat finanzierte Milizen teilnehmen, die sich kaum vom Oberkommando kontrollieren lassen. Im Falle des Iraks wiederholten die deutsche Politik und Medien ein Legitimationsmuster das bei früheren Konflikten, wie in Libyen, Kosovo, Bosnien, Mali oder Somalia ebenso seine Anwendung erfuhr, während in der Ukraine die staatliche Souveränität und Legitimität eine besondere Betonung erfährt. In den deutschen Medien interessiert es recht wenig wer in der Ukraine das Sagen hat, ein anerkannter Oligarch ist Präsident, mit all seinen Privatinteressen, und Teile der Regierung entstammen der extremnationalistischen und offen faschistischen Szene des Landes, die in ihrem Ideologiekonzept dem des islamischen Staates recht nahekommt. Die einen Überbetonen die Reinheit der wahren Religion und die anderen die Reinheit einer ethnischen Nation. Jesiten und Russen passen dann nicht mehr in dieses nun angewandte Ideologiekonzept.

Dieses Ideologiekonzept erleichtert ungemein die Argumentation, wenn Ministerpräsident Jazenjuk oder Präsident Poroschenko von einer russischen Invasion spricht, man kämpft dann nicht mehr gegen Ukrainer sondern gegen Russen und Russen leben bekanntlich in Russland und nicht in der Ukraine, so die recht "einleuchtende Logik". Poroschenko behauptete letztens "die Ukraine werde gewinnen"(6), nur was da gewonnen wurde sind wohl Ruinen und eine entvölkerte Landschaft. Man kommt damit aber auch mit einer Blut und Boden Dichtomanie in Berührung, denn das Land und seine Grenzen werden Überbetont, die Menschen die in diesem Land leben oder lebten sind dagegen zweitrangige Gestalten.

Aber besonders beeindruckend an diesem Ukraine-Konflikt sind die Sprachregelungen und Handlungen der deutschen Politik und Medienlandschaft, die dieses Ideologiekonzept unhinterfragt übernehmen. Interessant deshalb weil es sich um einen Bürgerkrieg handelt, da wird die ukrainische Sprachregelung übernommen und von Pro-russischen Separatisten gesprochen, dieses obwohl es sich immer noch um Ukrainer/innen handelt die es gewagt haben einen eignen Staat auszurufen bzw. die amtierende Regierung und Präsidenten nicht an zu erkennen. Immerhin wurde diese Haltung legitimiert, am 11. Mai 2014 durch ein Referendum. Man kann ja stehen dazu wie man will, aber eine Willensbekundung war es alle mal. Durch diese Sprachregelung umgeht man das Problem von einem Bürgerkrieg zu sprechen und kann dem Kremel die Schuld für den Ausbruch des Bürgerkrieges anlasten. In der Ukraine werden die finanziellen Spender für diese »Anti-Terror-Operation« mit einer Steuerbefreiung belohnt, die zivilen Flüchtlinge und Opfer erhalten statt Trinkwasser, Lebensmitteln und Medikamenten eigentlich nur dumme Ausreden und die deutschen Medien und Politik unterstützen diese Haltung dazu auch noch. Es könnte auch nicht Kontrastreicher sein, in den Irak fliegen unsere Heeresflieger die humanitäre Hilfe während der russische Hilfskonvoi blockiert wird. Immerhin haben nun 38 Lkw`s der ukrainischen Regierung die Region um Lugansk erreicht um in den nun "befreiten" Ortschaften Hilfsgüter zu verteilen, um welche Art Hilfsgütern es sich dabei handelt, nun niemand weis es genau und ob die verbliebenen Bewohner der "befreiten Ortschaften" sich nun auch als Befreit fühlen, dahinter steht wohl ein großes Fragezeichen.

Aber die Ideologieproduktion geht weit darüber hinaus, es wird mit Freund-Feind- und Gut & Böse-Konstrukten gearbeitet. Während die eignen Absichten im Irak als Menschenfreundlich (Humanitär), Hilfreich für die Betroffenen (Militärgüter für die Kurden)medial aufbereitet werden, werden russische Hilfslieferungen für die Lugansker Bevölkerung stets mit dunklen Absichten verwoben. Hier ein Beispiel, erschienen in der Deutschen Welle am 13.08.2014: Wer Russland weniger freundlich gesinnt ist, verweist auf ein Youtube-Video, das angeblich zeigt, wie grüne Lastwagen mit schwarzen Armeekennzeichen in neutralem Weiß gestrichen werden. Die Aufnahmen konnten zwar bisher nicht verifiziert werden. Doch der Verdacht bleibt, dass sich in Wahrheit ganz andere als humanitäre Absichten hinter dem russischen Hilfskonvoi verbergen.(7) (8)

Man könnte meinen es ist wie in den guten alten Zeiten der 1950-80er Jahre, der Hochzeit des Kalten Krieges, als im Zeichen des Antikommunismus die Dominotheorie erfunden wurde, nur dass es den Kommunismus als Ideologie der russischen Staatsmacht jetzt nicht mehr gibt. Aber das Feindbild des dunklen machthungrigen Sowjetimperiums ist anscheinend immer noch lebendig, statt Stalin regiert jetzt das perfide Mastermind Putin dieses Imperium und ist natürlich der Strippenzieher hinter den Kulissen der abtrünnigen Gebiete der doch so noblen Oligarchenrepublik der Ukraine.

Wie kurzsichtig Politik sein kann zeigt gerade die Organisation des Islamischen Staates, einstmals gegründet als Ableger der Al-Qaida in der Folge der Invasion der USA und ihrer Verbündeten im Irak 2003. Bereits im selbigen Jahr wurde die At-Tauhīd wa-l-Dschihād von der UNO auf eine Sanktionsliste gesetzt(9). Ab Oktober 2004 firmierte die Organisation unter den Namen Tanzim Qāʿidat al-Dschihād fī Bilād ar-Rāfidain. Im Oktober 2006 benannte sie sich um in al-islāmīya fī 'l-ʿirāq (ISI), grob übersetzt: Islamischer Staat im Irak um(10). Sie zeichnete sich besonders durch ihre Selbstmordanschläge auf US-Militäreinrichtungen, der Symbole der schiitischen Mehrheit und der Christen im Irak aus. Ab 2012 mischte ISI sich im syrischen Bürgerkrieg mit ein, es folgte die Umbenennung in ISIL (Islamischer Staat im Irak und der Levante) bzw. ISIS (Islamischer Staat im Irak und Großsyrien). Dabei profitierte die Organisation von der westlichen Waffenhilfe für die Opponenten des Assad-Regimes. Ob nun gewollt oder ungewollt rüsteten die USA, Großbritannien und andere die ISIS aus, Hauptbeweggrund dürfte der Kampf gegen das Assad-Regime gewesen sein, ideologische Scheuklappen kannte der Westen dabei nicht und nun ist das Geschrei groß, denn mit den selben Waffen besetzte der IS nun große Teile des Iraks. Die Leidtragenden sind unter anderen die Religionsgemeinschaft der Jesiten, denen nun geholfen werden muss. Man könnte meinen es ist wie bei Goethes Zauberlehrling, nur mit dem einem Unterschied: Der Meister hat keine Kontrolle über den Besen mehr.

(1) http://www.handelsblatt.com/politik/international/krise-in-der-ostukraine-ukrainische-soldaten-greifen-russischen-militaerkonvoi-an/10340574.html

(2)http://de.euronews.com/2014/08/16/nervoses-warten-an-der-russisch-ukrainischen-grenze/

(3)http://www.osce.org/ukraine-smm/122662

(4)http://en.ria.ru/politics/20140723/191141040/Ukrainian-Communist-Party-to-Be-Dissolved-Thursday.html

(5)http://de.euronews.com/2014/08/16/nervoses-warten-an-der-russisch-ukrainischen-grenze/

(6)http://www.president.gov.ua/en/news/31000.html

(7)http://www.dw.de/rätselraten-um-putins-motive/a-17849604

(8)http://www.bild.de/politik/inland/bundeswehr/von-der-leyen-schliesst-waffen-lieferungen-nicht-aus-37253428.bild.html

(9)http://www.un.org/News/Press/docs//2011/sc10263.doc.htm

(10)http://www.ucdp.uu.se/gpdatabase/gpcountry.php?id=77®ionSelect=10-Middle_East#

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