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Der Krieg im Jemen

Veröffentlicht am von Gerald Tauber

Trotz der eigentlich katastrophalen humanitären Lage im Jemen, verschwindet der Konflikt im Jemen immer mehr aus den Medien. Immerhin laut der OCHA sind aktuell mehr als 1.820 Menschen getötet, mehr als 7.330 Menschen verwundet, rund 546.000 Menschen innerhalb des Landes vertrieben worden, rund 28.000 konnten das Land verlassen und 12 Millionen stehen in der Gefahr einer Lebensmittelunterversorgung. Die Kämpfe flammten nach der Feuerpause laut der UN mit unvermittelter Intensität wieder auf. Trotzdem gelang es der UN rund 416.000 Menschen erst einmal in der kurzen Feuerpause vom 12. bis 17. Mai 2015 mit dem notwendigsten zu versorgen.

Trotz dieser menschlichen Tragödien ist der Konflikt im Jemen eigentlich recht interessant, denn er strahlt weit über die Grenzen des Landes hinaus. Der Jemen ist zwar das ärmste Land auf der arabischen Halbinsel:

- es hat nur geringe Öl- und Erdgasressourcen

- es hat schwindende natürliche Ressourcen, wie Wasser

- ist zersplittert in Stammesfraktionen

- ist innenpolitisch gesehen zersplittert in Nord- und Süd

- zusätzlich zersplittert in politischen und religiösen Konfessionalismus

- historisch gesehen sind gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Stämmen bis hin zum Bürgerkriege kein Novum in der jüngeren Historie der Arabica Felix.

Jedoch auf der Haben-Seite des Jemens steht das Tor der Tränen, Bab al-Mandab genannt und an deren Offenhaltung für die zivile Schifffahrt haben fast alle Groß- und Regionalmächte ein gewichtiges Interesse, selbst wenn sie nicht direkt in der Region vertreten sein sollten. Die EU-Staaten, China, Indien, Pakistan, Iran und die Staaten Südostasiens wickeln über diese Meerenge einen Großteil ihres bilateralen Handelsverkehrs ab.

Gerade dieser Konflikt im Süden der arabischen Halbinsel zeigt vor diesem Hintergrund sehr anschaulich wie alte Allianzen vergehen und neue, dabei überraschende entstehen. Während die von Saudi-Arabien geführte Koalition seine Luftangriffe auf Jemens Ansar Allah Fraktion (Huthi Rebellen) fortsetzt, sind Unterstützer und Gegner der Al-Saud-Monarchie dabei, die politische Landschaft in einer Art und Weise neu zu gestalten, die auch nach dem Ende der Kämpfe wohl nicht einfach verschwinden wird. Auffallend im Konflikt ist die Rolle der Saudis, die mit ihren Luftangriffen eigentlich den Konflikt anheizen statt ihn zu befrieden. Schaut man sich die Koalition der Saudis an fällt eines ins Auge, die Golf-Monarchien stehen in der islamischen Welt mit ihrem militärischen Einsatz im Jemen ziemlich isoliert da. Ägypten, Oman und Pakistan beteiligen sich nicht, das obwohl es zu Anfang danach aussah. Pakistan hat per Parlamentsbeschluss entschieden sich neutral zu verhalten. Jemens direkter Nachbar Oman zeigt kein Interesse, da man in Maskat wohl befürchtet das der Konflikt auf den Oman überspringen könnte. Die Machthaber in Ägypten zeigen trotz der Milliarden aus Riad derzeitig kein Interesse Bodentruppen in den Jemen zu entsenden, was wohl aus innenpolitischen und auch historischen Gründen bedingt ist. Der Irak kritisiert mehr die Aktionen der saudisch geführten Koalition und Algerien bleibt vollkommen auf Distanz mit seinem Ruf nach dem Ende „aller ausländischen Interventionen.“ Die Türkei sicherte zuerst logistische Unterstützung zu, ruderte dann schnell zurück als die Mullahs im Iran auf die Ankündigung Ankaras etwas schärfer als normal reagierten.

Der Standpunkt der Mullahs in Teheran das die saudisch geführte Militäraktion mehr Instabilität bringt, als Nutzen zur Beilegung des Konfliktes scheint dabei mehr als logisch. Die Militärschläge der saudischen Koalition stärkt immerhin die Al-Qaida auf der arabischen Halbinsel im Jemen, denn diese kontrolliert nun immerhin größere Gebiete im Osten des Landes und diese dschihadistische Gruppe ist immerhin der Totfeind der schiitischen Ansar Allah. Zudem ist Teheran mit seiner Position auch nicht im Konflikt im Jemen so isoliert wie man es gerne in Riad hätte. Russland unterstützt Teheran erst einmal politisch und steht ganz nebenbei der Militäraktion der Saudis extrem ablehnend gegenüber. Das wurde Anfang April deutlich als die UN Sanktionen gegenüber den Huthi-Rebellen verhängte, Russland äußerte Bedenken und enthielt sich der Stimme. Der russische Vertreter bei den Vereinten Nationen Witali Tschurkin sagte: “Wir müssen eine politische Lösung für den Konflikt im Jemen finden. Die Vereinten Nationen müssen darauf drängen, dass es zu Friedensgesprächen kommt. Und zwar muss das schnell geschehen.”(1)

Das es sich beim Krieg im Jemen um einen Proxi-Krieg handelt stimmt wohl und auch wiederum nicht. Der Einfluss Teherans auf die Ansar Allah ist trotz der Unterstützung meiner Meinung nach begrenzt, der Einfluss der Saudis auf die Hadi-Truppe anscheinend jedoch auch. Sieht man sich die Gruppe um den eigentlich entmachteten Präsidenten Hadi an wird aber auch klar wen man da unterstützt. Einerseits handelt es sich um Milizen der Volkskomitees die sich aus der Hirak-Bewegung formierten, die für eine Abspaltung des Südens vom Norden in der Vergangenheit eintraten. Anderseits um Einheiten der Armee Jemens und um Milizenverbände angeführt von Vertretern der Al-Qaida auf der arabischen Halbinsel(2). Ob diese Milizen überhaupt auf der Seite Hadis stehen und ob die entmachtete Regierung oder die Saudis Kontrolle über diese haben möchte ich doch einmal bezweifeln, zu unterschiedlich sind deren Ziele. Die Hirak-Bewegung zielte in der Vergangenheit auf einen säkularen Staat ab, während Al-Qaida auf der arabischen Halbinsel ein eher wahabistisches Islam- und Staatsverständnis an den Tag legte. Auf der anderen Seite zeigt dieses aber auch wie komplex die Situation im Jemen eigentlich ist.

Bislang zeichneten sich die Vermittlungsversuche der UN-Beauftragten dadurch aus das sie von der saudischen Koalition blockiert wurden. Immerhin verhandelte der UN-Gesande Dschamal Benomar vier Jahre im Jemen für die Beilegung des Konfliktes und seit ende März setzte er sich für einen Waffenstillstand ein und wurde von den Golfstaaten um Saudi-Arabien blockiert(3). Das am 28. Mai von der UN vermittelte Friedensgespräche in Genf beginnen sollen steht wohl auch in den Sternen. Die Ex-Regierung um Hadi stellt Forderungen auf die wohl kaum erfüllbar sind, während die Ansar Allah Koalition zu einem Dialog unter UN-Schirmherrschaft in einem neutralen Staat sich bereit erklärte. Immerhin verkündete dieses öffentlich Abdelmalik al-Huthi in einer Fernsehansprache(4)(5). Man wird wohl sehen wie es im Jemen weitergeht, aber all zu große Hoffnungen auf einen Frieden im Jemen sollte man nicht haben.

(1) http://de.euronews.com/2015/04/14/un-waffenembargo-und-sanktionen-gegen-rebellen-im-jemen/

(2) http://www.dw.de/was-sie-über-den-krieg-im-jemen-wissen-sollten/a-18352196

(3) http://www.n-tv.de/politik/UN-Gesandter-fuer-den-Jemen-gibt-auf-article14912256.html

(4) http://www.dw.de/un-starten-friedensinitiative-im-jemen-konflikt/a-18464315

(5) http://www.dw.de/huthi-rebellen-bereit-zu-verhandlungen/a-18464455

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