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Das Aus für den Iran-Deal

Veröffentlicht am von Gerald Tauber

Im Grund genommen hatte ich das schon erwartet, das US-Präsident Trump den Iran-Deal seines Vorgängers Obama am 8. Mai 2018 aufkündigt. Das war ein Teil seiner Wahlkampfrethorik und nun setzte er diese Aussage auch um. Na gut könnte man denken, aber das eigentliche Problem was ich da sehe, mit welchen Beweisen kann die Trump-Administration ihre Behauptungen untermauern? Das eigentliche Unding ist, die Trump-Administration wirft dem Iran noch nicht einmal die Verletzung des Vertrages vor, sondern sie sagen das der Vertrag den Iran nicht davon abhalten würde ein militärisches Atomprogramm zu lancieren. Donald Trump und sein neuer Außenminister Mike Pompeo beziehen sich dabei nahezu auch auf die Präsentation von Benjamin Netanyahu von Ende April, diese bestätigte anscheinend die Auffassung der US-Administration. Naja das große Problem mit der Präsentation ist, das sie eigentlich aus einem James Bond Film stammen könnte, ebenso die Erklärung wie die israelischen Geheimdienste an das Material gelangt sind. Mit den 55.000 Seiten Papier und 183 CD`s mit 55.000 Dateien ist sie durchaus umfangreich und Israels Premier will diese Dokumentation wohl auch mit der IAEA teilen, aber alles was ich bislang über diese Präsentation lesen konnte war das sie altes Material aus der ersten Dekade unseres Jahrhunderts enthielt. Ob sie überhaupt neues Material enthält? Gute Frage, denn was mich stutzig macht das Netanyahu keine Erklärungen zu den Explosionszeichungen mit persischen Schriftzeichen abgegeben hat, sondern nur erklärte diese seien selbsterklärend. Wenn man sich die Darstellung der angeblichen Gefechtsköpfe so ansieht könnten sie genauso den prinzipiellen Aufbau der wissenschaftlichen Geräteausrüstung in einer geophysikalischen Forschungsrakete zeigen. Aber Ferndiagnosen sind dabei nicht wirklich hilfreich, um herauszufinden was er da überhaupt gezeigt hat müsste man sich die sogenannten Beweise im Original erst mal ansehen.

Da ja die Trump-Administration den Vertrag gekündigt hat, wäre es recht interessant zu erfahren auf welcher Datengrundlage dies geschehen ist? Dahinter steht ein sehr großes Fragezeichen. Meines Wissens nach hat z. B. die CIA keine solchen Beweise gesehen oder eigne Erkenntnisse vorgelegt, die die Auffassung des Präsidenten in dieser Frage bestätigen könnte. Die Aussage der CIA aus dem Jahr 2013, wonach der Iran seit 2007 kein aktives Atomwaffenprogramm betreibt, steht damit immer noch und das wohl zwangsläufig. Im CIA World Factbook (2016) steht nur die allgemeine Situation zum Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA)  genannten Vertrag. Interessant ist auch das die IAEA seit 2009 keine Anzeichen für ein geheimes militärisches Nuklearprogramm im Iran finden konnte, das ist der Stand 1. Mai 2018. Deren Statement ist das der Iran sich an die Auflagen die der Vertrag beinhaltet hält. Iran hatte bis Februar 2018 5.060 IR-1 Zentrifugen in 30 Kaskaden in der Anlage Natanz zusammengeschaltet, erlaubt sind 6.000. Der Anreicherungsgrad von 3,67% U-235 wurde nicht überschritten, bis zum 12. Februar 2018 hatte der Iran 109,5 kg U-235 hergestellt. Ist der israelische Premier auf die Angaben der IAEA in seiner Präsentation überhaupt eingegangen? Meines Wissens nach wohl eher nicht. Auch ist der Iran Mitglied des Atomwaffensperrvertrages und Israel nun mal nicht. Gehen wir mal kurz auf Netanyahus Glauben an die Atomwaffenpläne der anderen ein.  

Israels Premier Benjamin Netanyahu hat eine fast schon pathologische Neurose oder Obsession zum sogenannten "iranischen Atomwaffenprogramm", das zeigt zum Beispiel seine Rede vor dem US-Congress von 1996. Das ist immerhin 22 Jahre her und die sogenannte äußere Bedrohung Israels benutzte Netanyahu stets um die Entscheidungen zu den Siedlungsaktivitäten im Westjordanland aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit zu nehmen.

The most dangerous of these regimes is Iran, that has wed a cruel despotism to a fanatic militancy. If this regime, or its despotic neighbor Iraq, were to acquire nuclear weapons, this could presage catastrophic consequences, not only for my country, and not only for the Middle East, but for all mankind.

Speech by Prime Minister Benjamin Netanyahu to a Joint Session of the United States Congress 10. Juli 1996

Er beschwört dabei bis heute die katastrophalen Konsequenzen wenn der Iran und der Irak sich zu Atommächten entwickeln würden. Na gut was aus den Ambitionen des Irak zum damaligen Zeitpunkt wurden wissen wir ja, die US-Invasion 2003. Die falschen Aussagen der Bush-Administration zu den irakischen Weapons of Mass Destruction und Iraks angebliche Verbindungen zu Al-Qaida, die zum Irak-Krieg führten und die Rechtfertigungen für den Krieg summierten sich in der Summe bis August 2003 auf Sage und schreibe 935 Statements. Interessant ist auch das die CIA am 30. September 2004 den Duelfer Report präsentierte, dieser konstatiert das Saddam Hussein sein Nuklear-Programm bereits im Jahr 1991 beendete und nicht wieder aufnahm. Wenn man sich in Erinnerung ruft das der israelische Geheimdienst Mossad dann wohl auch keine Erkenntnisse über ein irakisches Nuklear-Programm gewinnen konnte, wie kommt der israelische Premier Netanyahu 1996 in seiner Rede vor dem US-Congress zu der Behauptung der Irak würde eines betreiben oder dieses zumindest anstreben? Was im Grunde genommen das selbe ist. Vor diesem Hintergrund steigt die Glaubwürdigkeit Netanyahus nicht unbedingt, immerhin warnt er seit 22 Jahren ohne das es zum Bau der iranischen Atombombe kam. 

Aber wie dem auch sei, Trump und Pompeo hatten bekanntlich auch andere Gründe genannt warum sie den Vertrag nun gekündigt haben. Die Vorwürfe lauten das iranische Raketenprogramm diene als Vorstufe zur atomaren Bewaffnung, Verstrickung in den internationalen Terrorismus und die angeblich destabilisierende Rolle in der Region. Naja das war jetzt die Kurzfassung und die Reduzierung auf das wesentliche. Ja die große Frage ist, wie steht es mit diesen Vorwürfen? Wie steht es mit dem Wahrheitsgehalt der Vorwürfe?

Nimmt man das Raketenprogramm des Irans, so hat der Iran eines der größten Arsenale an Kurz- und Mittelstreckenraketen in der Region ohne das das Land zuvor ABC-Waffen entwickelt hatte. Interessant daran ist das der Iran den Raketentyp Sajjil-2 im Jahre 2009 zum Erstflug brachte und dieser eine Reichweite von 2.000 km haben soll. Ob der Iran seine zivile Rakete Simorgh zu einer Interkontinentalrakete (ICBM) weiterentwickelt ist eher ungewiss. Der zweite Mittelstreckenraketentyp des Irans ist die im Jahre 2015 zum Erstflug gestartete Raketentyp Emad, diese soll über eine Reichweite von 2.000 km verfügen. Interessant an der Emad ist, das sie anscheinend über ein hochpräzises Lenksystem verfügen soll mit dem eine Treffergenauigkeit von 30 Metern um das Ziel erreicht werden soll.
Über die im Jahr 2012 in den Medien herumgeisternden iranischen ICBM Raketen Shahab-5 und 6 existiert kein verfügbares Material, über sie gibt es nur Gerüchte die der israelische Premier Benjamin Netanyahu 2012 in die Welt setzte, er bezog sich dabei auf sogenanntes Geheimdienstmaterial.

Das Problem mit dem Raketenprogramm des Iran ist, es war nie Teil des JCPOA-Vertrages und allgemein sind Raketenprogramme sind auch kein Teil des Vertrages über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen. Dieses iranische Raketenprogramm diente unter anderen auch zur Rechtfertigung zum Aufbau des NATO-Missle Defence Systems über Europa. Der Iran ist kein Mitglied des internationalen Vertrages über die Kontrolle der von ballistischen Raketen, MTCR-Vertrag genannt. Aber wer ernsthaft einen zwingenden Zusammenhang zwischen ballistischen Raketen und atomarer Bewaffnung sieht sollte mir einmal erklären warum von den 31 Staaten die ballistische Raketen verwenden nur neun Staaten diese mit nuklearen Gefechtsköpfen ausgestattet haben, aber das nur ganz nebenbei.  

Sieht man sich hingegen die UN-Resolution 1929 (2010) an ging es dem UN-Sicherheitsrat vor allem darum das die IAEA vollen Zugang und Kontrolle zu allen relevanten Anlagen des Atomprogramms des Irans bekommt, vom Raketenprogramm des Irans ist da keine Rede. Aber einige Unklarheiten über die Errichtung 10 weiteren Anreicherungsanlagen und der fehlende Zugang der IAEA zum militä

rischen Komplex Parchin ließ letztendlich im Jahr 2012 einen medialen Hype entstehen. Mit zum Hype beitrug das der Iran 2012 mit der Anreicherung von Uran 235 bis zu einem Anreicherungsgrad von 20 Prozent in der Anlage Fordow begann, dies ließ die Vermutung aufkommen das der Iran einen noch höheren Anreicherungsgrad anstrebe aufkommen

Ja der Hype um das iranische Atom- und Raketenprogramm des Jahres 2012 hatte es schon in sich. Fakt war damals Israel drohte mit einem Waffengang dem Iran. Unsere Medien wiederholten das Ganze bis zum Erbrechen, ohne das klar war wie Israel den Iran überhaupt angreifen könne. Israels Regierung tat damals so als stünde der Iran kurz vor dem Bau einer Atombombe, was damals bereits anscheinend eine Lüge war und heute wahrscheinlich auch nicht viel richtiger wird. Orchestriert wurde das ganze damals von der Obama-Administration mit ziemlich widersprüchlichen Informationen und Aussagen. Die damalige Außenministerin Hillary Clinton beschuldigte den Iran ein militärischen Atomprogramm zu forcieren, dem widersprach der US-Verteidigungsminister Leon Panetta. Der Geheimdienstkoordinator Obamas James Clapper sagte das der Iran die wissenschaftlich-technologischen Fähigkeiten besäße um eine Atombombe zu bauen, aber von der iranischen Administration keine Entscheidung bekannt wurde solch ein Programm auch aufzulegen. Man sieht es war recht kompliziert, aber 2012 war auch das Jahr in dem der UN-Sicherheitsrat und Deutschland ernsthafte Verhandlungen mit dem Iran aufnahm die zum JCPOA-Vertrag 2015 führten.    

Die anderen Vorwürfe wie der Unterstützung von terroristischen Organisationen wie Hisbollah und Hamas sind vor allem unter den Prämisse Israel zu sehen, Anschläge oder Attentate im internationalen Umfeld haben beide Organisationen noch nicht begangen. Bei den iranischen Verstrickungen in Afghanistan oder Jemen muss man nicht unbedingt der offiziellen Lesart folgen. Im Fall des Jemen hat die von Saudi Arabien geführte Koalition eine Seeblockade seit 2015 über das Land verhängt. Wie der Iran die Houthi (Ansar Allah)- Rebellen mit Waffen versorgen soll ist vor diesem Hintergrund mir persönlich etwas schleierhaft. Presseberichte wonach die saudische Marine iranische Blockadebrecher aufbrachte existieren jedenfalls nicht. 

Was die Verstrickung mit den Taliban betrifft, so gibt es diese wohl. Allerdings gibt es verschiedene Gründe das die Mullahs die Taliban unterstützen. Erstens der Iran ist ein direkter Nachbar Afghanistans, daher ist es für Teheran durchaus sinnvoll diese Fraktion zu unterstützen sollten sie in Kabul an der Macht beteiligt werden und danach sieht es wohl oder übel in Zukunft aus. Zweitens dient diese Unterstützung des zurück Drängens des islamischen Staates in Afghanistan, dieser ist für eine Vielzahl von Attentaten in Afghanistan verantwortlich. Ein Failed State Afghanistan kann kaum in Interesse Teherans sein. Das alles mag zwar nicht im Interesse der USA und der NATO sein, aber allein diese beiden Gründe sind aus Theraner Sicht durch aus sinnvoll. Was immer man davon halten mag, der engste Verbündete der USA im mittleren Osten Namens Saudi Arabien hat ebenso Beziehungen zu den Taliban-Gruppen, was Donald Trump nicht davon abhält den Saudis Waffen zu liefern. 

Was nun die Verstrickung in den syrischen Bürgerkrieg anbetrifft kann man durchaus verschiedener Meinung sein, aber das iranische Eingreifen 2012/13 in den Bürgerkrieg rettete auf jeden Fall die staatlichen Strukturen des Landes. Ob das Benjamin Natanyahu gefällt oder nicht, ein failed State Syrien analog zu Libyen kann wohl kaum im Interesse Jerusalems oder Washingtons sein. 

Also für mich ist es schon etwas rätselhaft warum Donald Trump den JCPOA-Vertrag nun gekündigt hat, die Argumente sind wohl eher an den Haaren herbei gezogen und folgen wohl auch der Doctrin Trumps "America First", wobei er der Glaubwürdigkeit USA einen herben Schlag versetzt hat. Schleierhaft ist mir wie er die Mullahs in Teheran dazu bewegen will einen neuen Vertrag unter Einbeziehung des Raketenprogramms zu verhandeln, wenn er den jetzigen Vertrag einfach so kündigt? Auf diese Kernfrage hat der Präsident wohl keine Antwort. 

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