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Der traurige Januar in der Ukraine

Veröffentlicht am von Gerald Tauber

So würde ich den Januar für die Ukraine beschreiben, immerhin haben es Turtschinow, Jazenjuk und Poroschenko endgültig geschafft den löchrigen Waffenstillstand nun endgültig zu Grabe zu tragen. Der Waffenstillstand war bekanntlich seit Ende Dezember/Anfang Januar nur noch auf dem Papier präsent und er wurde bereits zuvor von beiden Seiten ganz offen verletzt. Doch den endgültigen Todesstoß versetzte das Kiewer Regime der Minsker Vereinbarung, als die ukrainische Armee den massiven Beschuss der Separatistenhochburg Donezk begann(1)(2). Anscheinend sah sich im Januar keine der beiden Seiten an die Minsker Vereinbarung mehr gebunden. Massive Kampfhandlungen wurden im übrigen den ganzen Januar vermeldet, der Beschuss von Donezk am 17./18. Januar stellte den ersten traurigen Hochpunkt dar, gefolgt vom Beschuss von Mariupol am 24. Januar. Das die ukrainische Armee keine gute Figur machte bestätigt eigentlich nur die These das dieser Bürgerkrieg in der Ukraine selber sehr unpopulär ist, immerhin entziehen sich viele der Einberufung zum Militär durch Flucht ins Ausland. Ebenso scheinen Befehlsverweigerungen keine Seltenheit zu sein, denn die Führung in Kiew gab neue Handlungsdirektiven an die Truppenführer heraus, wonach die Kommandanten nun strenge Disziplinarmaßnahmen bei Befehlsverweigerungen durchführen können(3). Meiner Meinung nach kann Kiew mit seiner Armee und Freiwilligenbattalionen nicht wirklich Punkten. Überhaupt ist fraglich inwieweit die von Kiew favorisierte militärische Lösung sich überhaupt umsetzen lässt, immerhin scheint die Moral der Armee am Boden sie befindet sich wohl nun eindeutig in der Defensive. Durch solch einen Sieg gewinnt man ja auch nichts, nur zerstörte Städte. Für die Kiewer Führung gilt anscheinend das es überhaupt keinen Plan B gibt und die jetzigen Kämpfe zunehmend auch dazu dienen innenpolitische und wirtschaftliche Probleme zu verdecken.

Vor allem ist interessant das die Regierung um Jazenjuk und Poroschenko keine Strategie verfolgen und mitsamt dem Parlament unter einer Form der Realitätsverweigerung zu leiden scheinen, das es einem eigentlich nur noch sprachlos macht. Man sieht sich in Kiew im Krieg mit Russland, nur der Widerpart fehlt auf dem Parket der Kampfhandlungen im Donbas. Vor allem widerspricht man sich permanent selber. Sprach doch der Regierungschef Andrej Jazenjuk bei seinem Berlinbesuch Anfang Januar von einer russischen Invasion der Ukraine und forderte gleichzeitig mehr Geld, das er auch bekam. Sein Generalstabschef Viktor Muzhenko widersprach ihm am 29. Januar, er erklärte das es im Kriegsgebiet im Donbas Beweise gibt wonach russische Staatsbürger an den Kämpfen beteiligt sind, jedoch keine regulären russischen Truppen. Damit widersprach der General aber auch den Erkenntnissen des BND, der Kausalkette der NATO/EU-Argumentation und dem investigativen Journalistenbüro CORRECT!V, die immerhin Russland mit viel investigativen Tram-Tram in dem Dossier "MH-17/Die Suche nach der Wahrheit" die Schuld am Abschuss von MH-17 gaben. Was ich über das Dossier denke schrieb ich ja bereits, aber mit dieser Aussage ist das Dossier nur noch Makulatur. Aber machen wir uns mal nichts vor, im Donbass gibt es meiner Meinung nach vermutlich kleinere Gruppen von verdeckt operierenden russischen Militärnachrichtendienstlern und Militärberatern. Außerdem kämpfen bei den Separatisten ausländische Freiwillige unter anderem in der Prizrak-Brigade(4) und in der Kosaken-Nationalgarde und Russisch Orthodoxen Armee(5) dürften sich wohl auch russische Kosaken und russische Nationalisten eingefunden haben. Das Aliya Battalion kämpft unter der Flagge des David-Sterns und das Smert-Battalion besteht aus tschetschenischen Freiwilligen. Die Moral ist bei den Separatisten anscheinend sehr hoch und die Erfolge wie die Eroberung des symbolträchtigen Flughafens von Donezk steigern diese immens.

Die große Frage ist für mich, wie will die Kiewer Führung den Bürgerkrieg beenden? Anscheinend gar nicht, man ist wohl eher daran interessiert diesen Konflikt als Status Quo beizubehalten, so zusagen der atlantischen Strategie der USA/EU/NATO folgend um einen neuen kalten Krieg gegen Russland zu entfesseln.

Aber mal ganz ehrlich Jazenjuk hält uns Europäer für ziemlich naiv, sprach er doch auf einer Rede vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) vom Terroranschlag von Paris und verband diesen mit der Situation im Donbas. Also alle wissen der innerukrainische Konflikt ist hochkomplex, jedoch islamistische Terroristen wurden in den ostukrainischen Kriegsgebieten bislang aber noch nicht gesichtet. Jazenjuk verbindet der Einfachheit halber zwei Themen miteinander, die aus seiner Sicht die gleiche Überschrift tragen: Terrorismus. Inhaltlich haben sie allerdings jedoch nichts miteinander gemein. Die Gründe für den Aufstand in der Ostukraine sind in der ukrainischen Innen- und Sozialpolitik selber zu suchen und nicht in den Vorstädten von Paris, Karatschi oder Moskau. Dieses hätte eigentlich Frau Merkel dem Gernegroß und Geschichtsrelativierer Andrej Jazenjuk auch sagen können, nur sie vermied es und gewährte gleichzeitig eine großzügige Hilfe von 1,8 Mrd. €. Interessant ist auch welche Geschichtskenntnisse Jazenjuk auf seiner Berlinvisite zur Schau stellte, er sprach ganz offen von einer sowjetischen Invasion Deutschlands 1945 und das im Ersten Deutschen Fernsehen, widersprochen hat ihm keiner. Eigentlich hätte er wissen müssen das es hierzulande Konsens ist von der Befreiung Deutschlands von der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten zu sprechen, im Osten seit 1949 und im Westen spätestens seit 1985, man erinnere sich an die Rede von Richard von Weizsäcker zum 8. Mai.

Das solche Gedankengänge nicht unbedingt eine ukrainische Spezialität ist zeigte der polnische Außenminister Grzegorz Schetyna. Dieser sagte in einem Radiointerview: "Vielleicht sollten wir einmal mal darüber reden, dass es die erste ukrainische Front der Roten Armee war, die Auschwitz befreit hat. Da haben Ukrainer gekämpft, sie haben das Tor des Lagers Auschwitz aufgestoßen. Sie haben Auschwitz befreit." (6)

Was eigentlich schon etwas lächerlich klingt war durchaus ernst gemeint, denn Schetyna stieß zusammen mit der Ministerpräsidentin Ewa Kopacz in das gleiche Horn. Diese hatte den ukrainischen Präsidenten Poroschenko bereits im letzten Jahr zu den Gedenkfeiern am 27. Januar nach Ausschwitz eingeladen, Russlands Präsidenten Putin jedoch nicht. Man muss sich nur einmal die Symbolik vor Augen halten, den Bundespräsidenten der Betreibernation (Deutschland) wurde eingeladen aber der Präsident der Befreiernation (Russland) nicht. Der Präsident der Ukraine, dessen Regierung von Faschisten und Extremnationalisten gestützt wird wurde ganz offiziell eingeladen, obwohl Ausschwitz von Rassisten und Faschisten betrieben wurde(7). Schon ziemlich eigenartig was sich da abspielte im Vorfeld der Feierlichkeiten, aber das zeigt meiner Meinung nach wohin unsere EU ideologisch langsam driftet. Ebenso wurde bei der Tagung des Atlantic Council in Washington letzter Woche die Richtung überdeutlich, denn es wurde von Litauens Außenminister Edgar Rinkevics verlautbart die Expansionstendenzen in Russland ernst zu nehmen, wörtlich: “Es gibt Kräfte in Moskau, die davon träumen, wieder so etwas wie ein Imperium aufzubauen. So wie das von 1913 oder die Sowjetunion – oder etwas Neues.”(8)

Da kann man sich nur noch wundern, es ist zwar seit langem bekannt das in den Baltischen Staaten und Polen die Angstpropaganda vor Russland ein täglich Geschäft der Medien ist, aber man sollte sich vielmehr mit den Realitäten auseinandersetzen, als den Fantasien von Vorvorgestern. Hinzu kommt die immer stärkere Isolierung Russlands innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft, die wohl eindeutig auch die Handschrift der Obama-Administration trägt. Ich kann mich dabei des Eindrucks nicht erwehren das die Kommunikation von der Seite der EU auf Wunsch Washingtons auf Eis gelegt wurde. Immerhin wurde den Russischen Abgeordneten in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats letztes Jahr im April das Stimmrecht entzogen, so das diese nun nicht mehr an den Sitzungen teilnehmen werden(9)(10). Außerdem will die schon bestehenden Sanktionen noch ein mal verschärfen, zum Beispiel gibt es dabei Überlegungen Russland aus dem Swift-Netzwerk entfernen, was mich persönlich ziemlich wundert. Nur mal so als Überlegung, wenn dieses wirklich passieren sollte müsste man dann etwa mit Geldkoffern nach Moskau fliegen um die fälligen Gas- und Ölrechnungen zu bezahlen? Was für eine schwachsinnige Idee oder?

Das zum anderen die Rolle der Ukraine im Bürgerkrieg in der Ukraine immer als Opfer einer Aggression dargestellt wird sollte einem zu Denken geben. So hat sich die parlamentarische Versammlung des Europarates über die zunehmende Verschlechterung der humanitären Lage in der Ostukraine beklagt. Laut der Resolution die verabschiedet wurde sei Russland an diesem Zustand “unmittelbar beteiligt”. Das Bedenkliche ist, die Rolle der Kiewer Regierung wird gar nicht erwähnt. Was macht die Kiewer Regierung um den Flüchtlingen zu helfen oder die Lage in der Ostukraine politisch zu entschärfen? Dahinter steht ein sehr großes Fragezeichen, anstatt die Lage politisch zu entschärfen, verschärft Kiew die Lage zusätzlich, in dem man die Volksrepubliken Donezk und Lugansk zu terroristischen Organisationen erklärt und Russland zu einem Aggressorstaat(11). Da kann man sich nur Fragen, wenn so eine Beschwichtigungs- bzw. Entspannungspolitik aussieht möchte ich mir nicht ausmalen wenn Kiew über die Frage eines Krieges nachdenkt, den man eigentlich seit April 2014 führt. Nur mal so ganz nebenbei, mir persönlich sind keine Maßnahmen der Kiewer Führung bekannt, die den Flüchtlingen aus dem Donbas irgendwie helfen würde. Mein Fazit: die EU-Staaten treiben auf einen sehr sehr kalten Krieg mit Russland zu, zu Fragen ist hierbei zu welchen Nutzen dieses geschieht.

(1) http://www.unian.net/society/1033241-prikaz-o-massirovannom-ogne-sprovotsirovan-boevikami-prikaza-nastupat-net-lyisenko.html

(2) http://www.heise.de/tp/artikel/43/43897/1.html

(3) http://www.heise.de/tp/artikel/43/43961/1.html

(4) http://mato48.com/tag/prizrak-brigade/

(5) http://en.wikipedia.org/wiki/War_in_Donbass#Russian_Orthodox_Army

(6)http://www.deutschlandfunk.de/polen-gedenkfeier-in-auschwitz-ohne-putin.795.de.html?dram:article_id=309739

(7)http://www.heise.de/tp/artikel/44/44001/1.html

(8)http://de.euronews.com/2015/01/30/atlantic-council-russische-bedrohungsszenarien-und-hoffen-auf-deeskalation/

(9)http://de.euronews.com/2014/04/10/europarat-entzieht-russland-das-stimmrecht/

(10)http://de.euronews.com/2015/01/29/europarat-russland-hat-weiterhin-kein-stimmrecht/

(11)http://de.euronews.com/2015/01/27/noch-mehr-druck-auf-russland-strassburg-kiew-und-bruessel-beschuldigen-moskau/

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